Die Westliche Honigbiene (Apis mellifera) lebt normalerweise im Wald und nicht auf bunt blühenden Wiesen, da Baumhöhlen perfekte Nistplätze bieten und die Bienen vor Witterungseinflüssen schützen. Doch wie sieht es mit wirtschaftlich genutzten Laubwäldern aus – eignen sie sich als Nahrungshabitat für die emsigen Bienen?
Dieser Frage sind Forscher der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) nachgegangen und haben dafür zwölf Beobachtungsstöcke im Steigerwald aufgestellt. Jedes Bienenvolk bekam dabei einen unterschiedlichen Anteil an Waldfläche zugewiesen.
Benjamin Rutschmann und Patrick Kohl, die beide am Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie (Zoologie III) der JMU forschen, haben die Untersuchung durchgeführt. Auch Professor Ingolf Steffan-Dewenter, der den Lehrstuhl leitet, war an der Studie beteiligt.
-> Eine wichtige Aufgabe des Zoologie III Lehrstuhls ist die Erforschung und Identifizierung von Gründen für den weltweiten und regionalen Rückgang der Artenvielfalt. Deswegen beschäftigt sich das Team besonders intensiv mit Insekten.
Die Forscher haben überraschenderweise herausgefunden, dass die Bienen den Steigerwald weitaus weniger nutzen als erwartet. Die Bienen im tiefen Wald müssen oft lange Strecken zurücklegen, um Nahrung zu finden. Die Forscher haben den Schwänzeltanz der Bienen analysiert, mit dem die Tiere ihren Artgenossen den ungefähren Standort einer Futterquelle mitteilen. Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler Rückschlüsse auf Sammeldistanzen und Habitatpräferenzen ziehen. Im Spätsommer war die Versorgung mit Pollen im Wald nicht ausreichend, was zu einer kritischen Zeit für die Bienenvölker und ihre Brut führte. Dies ist laut Rutschmann, einem der Forscher, auf die Buche zurückzuführen. Im Steigerwald macht die Buche über 40 Prozent des Baumbestands aus, und ihre Wälder sind aufgrund ihrer Dunkelheit und des Mangels an Licht kaum in der Lage, eine vielfältige Krautschicht hervorzubringen.
Damit Bienen das ganze Jahr über ausreichend Nahrung finden, benötigen sie abwechslungsreichere Wälder. Honigtautrachten oder blühenden Baumarten, etwa Linde, Robinie und Kastanie oder auch Sträucher wie Brom- und Himbeere bieten den Bienen zwar während kurzer Zeiträume im Jahr eine wichtige Kohlenhydratquelle und teilweise auch Pollen als Proteinquelle; die Bienen brauchen allerdings über die ganze Saison ein ausgewogenes Futterangebot. Um die Umgebung bienenfreundlicher zu gestalten, empfiehlt es sich, Waldbestände mit Bäumen zu diversifizieren, die von Insekten bestäubt werden, wie beispielsweise Kirsche, Linde, Ahorn, Weide, Roß- oder Edelkastanie, rät Rutschmann. Es könnte auch hilfreich sein, sekundäre Sukzessionen in Waldlücken zuzulassen, um die für den Standort typische Flora und Fauna zurückkehren zu lassen.
-> Wildlebende Honigbienenvölker in bewirtschafteten Wäldern leiden nicht nur unter mangelnder Nahrung, sondern haben auch mit dem geringen Angebot an Baumhöhlen zu kämpfen.
Die Honigbiene ist nicht die einzige, die von einem vielfältigen Wald als Lebensraum profitiert. Wenn sie sich dort niederlässt, trägt sie erheblich zur Erhaltung der Biodiversität bei. Die meisten Pflanzen benötigen Fremdbestäubung, die von Honigbienen und vielen anderen Wildbienenarten durchgeführt wird. Ein abwechslungsreicher Wald bietet nicht nur Vorteile für Bienen, sondern auch für das Ökosystem selbst. Eine hohe Artenvielfalt macht das Ökosystem gesünder und widerstandsfähiger gegen Schädlingsbefall. Ingolf Steffan-Dewenter betont, dass die Umwandlung von Wäldern in artenreiche Laubmischwälder nicht nur die Biodiversität fördert, sondern auch eine Anpassung an zukünftige Klimabedingungen ermöglicht.