ZF Friedrichshafen steckt in einer tiefgreifenden Krise. Neben einem Milliardenverlust, steigenden Schulden und einem massiven Stellenabbau kämpft der Konzern mit Problemen in seiner Antriebssparte und wachsendem Unmut in der Belegschaft. Die Restrukturierungsmaßnahmen reichen laut Betriebsrat und Gewerkschaft bislang nicht aus – es drohen weitere Einschnitte.
ZF, einst auf Expansionskurs, steht heute unter massivem Druck. Die globale Autokrise, verbunden mit rückläufiger Produktion und steigenden Kosten, trifft den zweitgrößten deutschen Autozulieferer hart. In Deutschland bangen rund 52.000 Beschäftigte um ihre Arbeitsplätze – allein bis Ende 2028 sollen bis zu 14.000 Stellen gestrichen werden. Am Donnerstag legt ZF-Chef Holger Klein die Halbjahreszahlen vor. Die Erwartungen in der Belegschaft sind groß: Viele hoffen auf Klarheit, wie der Konzern aus der Krise geführt werden soll.
Ein zentraler Krisenherd ist die Antriebssparte, intern als Division E bezeichnet. Sie umfasst elektrische, hybride und konventionelle Antriebe – und leidet stark unter dem stockenden Hochlauf der Elektromobilität. Mit etwa einem Viertel des Konzernumsatzes ist der Bereich zwar wirtschaftlich bedeutend, aber strukturell angeschlagen und in Teilen nicht wettbewerbsfähig.
Der Protest der Belegschaft gegen mögliche Verkaufs- oder Ausgliederungspläne fanden bei einem bundesweiten Aktionstag am Dienstag mit über 10.000 Teilnehmern ihren Höhepunkt – unter anderem in Friedrichshafen, Saarbrücken und bei uns in Schweinfurt. Die IG Metall warnte: „ZF darf nicht das Herz herausgerissen werden.“ Nach der darauffolgenden Aufsichtsratssitzung plant man in der Spitze nun, gemeinsam mit dem Gesamtbetriebsrat und der IG Metall über die Zukunft der schwächelnden Sparte zu verhandeln.
Neben der Division E steht auch der Bereich Passive Sicherheitstechnik im Fokus. Die frühere Konzerndivision wurde bereits ausgegliedert und firmiert nun als ZF Lifetec. Der Zulieferer sucht für die neue Tochtergesellschaft derzeit einen strategischen Partner – oder denkt über einen Börsengang nach. Konkrete Fortschritte gibt es bislang nicht.
Einstige Übernahmen wie die von TRW oder dem Bremsenspezialisten Wabco haben ZF teuer zu stehen kommen lassen. Der Schuldenstand lag zuletzt bei über zehn Milliarden Euro – Tendenz steigend. Allein 2023 stieg er um weitere 500 Millionen Euro. Die aktuelle Zinslage macht die Finanzierung zusätzlich belastend: Im Schnitt zahlt ZF 4,5 Prozent Zinsen – Geld, das für Investitionen fehlt.
2023 machte ZF noch einen Gewinn von 126 Millionen Euro – 2024 rutschte der Konzern mit über einer Milliarde Euro in die roten Zahlen. Als Reaktion wurde ein strikter Sparkurs eingeschlagen: Neben dem geplanten Abbau von bis zu 14.000 Stellen sind auch Arbeitszeitverkürzungen und Gehaltseinschnitte bereits Realität. Rund 5.700 Stellen wurden seit Anfang des Jahres bereits gestrichen.
Der Betriebsrat kritisiert die bisherigen Maßnahmen scharf. Bei internen Versammlungen wurden weitere Einschnitte angekündigt, inklusive möglicher betriebsbedingter Kündigungen. Gesamtbetriebsratschef Achim Dietrich warnt: „Viele Beschäftigte machen keine Mehrarbeit mehr – aus Angst um ihren Job und wegen Eingriffen in ihre Löhne, selbst bei Führungskräften.“
Die Geduld der Belegschaft scheint erschöpft: In mehreren Städten gingen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die Straße, um ein Zeichen zu setzen. Der Betriebsrat fordert einen klaren Kurswechsel – bisherige Sanierungsversuche hätten nicht gefruchtet. Es brauche gezielte Einschnitte, ja – aber auch eine echte Zukunftsperspektive für die deutschen Standorte und ihre Beschäftigten.