Wenn das Wort Krebs fällt, bleibt die Welt oft erst einmal stehen. Es ist ein Schock, der das Leben von einem Moment auf den anderen auf den Kopf stellt – nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für Familie und Freunde. Während Ärztinnen und Ärzte dann um körperliche Heilung kämpfen, bleibt die seelische Not oft im Hintergrund. Genau hier setzen die Anlaufstellen der Bayerischen Krebsgesellschaft an – und rücken die psychischen Folgen in den Fokus.
Wer mit der Diagnose Krebs konfrontiert wird, findet sich plötzlich in einer völlig neuen Realität wieder: Termine, Therapien, Hoffen und Bangen – für viele fühlt sich das an wie ein Dauerlauf ohne Verschnaufpause. Gefühle bleiben dabei oft auf der Strecke, bis irgendwann das Gedankenkarussell einsetzt. In dieser Ausnahmesituation stehen die psychosozialen Krebsberatungsstellen der Bayerischen Krebsgesellschaft verlässlich zur Seite. Alleine in Würzburg wurden im vergangenen Jahr über 400 Menschen beraten – etwa ein Drittel davon waren Angehörige. Denn nicht nur Patientinnen und Patienten brauchen Unterstützung, sondern auch die, die sie begleiten.
„Es verändern sich Rollen. Vorher war der Ernährer oder die Ernährerin vielleicht diejenige, die leistungsfähig war. Plötzlich ist alles anders. Die Aufgaben müssen neu verteilt werden. Das sind häufig Themen. Auch soziale, finanzielle Folgen. Krebs ist ein Armutsrisiko, weil einfach Einkünfte wegbrechen. Kann ich mit meinem sozialen Umfeld über meine Situation reden? Oder wie wünsche ich mir auch, dass sie mit mir umgehen? Das ist manchmal auch ein Thema, weil es gibt viele Ängste, Berührungsängste, vielleicht auch manchmal übermäßiges Mitleid. Manche Dinge, die Betroffene nicht brauchen können. Wir beraten Sie auch, wie Sie die Kontakte vielleicht neu und bewusst gestalten können.“, so Monika Müller, Sozialpädagogin und Leiterin der Würzburger Krebsberatungsstelle.
Dazu kommen emotionale Belastungen: Angst vor der Zukunft, vor Rückfällen, vor der Endlichkeit des Lebens. Auch hierfür gibt es in den Beratungsstellen Hilfe – individuell, kostenlos und auf Wunsch auch telefonisch oder online.
Bereits bei der Gründung vor 100 Jahren hatte die Bayerische Krebsgesellschaft die Idee, dass zur Behandlung von Krebs mehr gehört als Medizin – damals standen finanzielle Hilfen und der Austausch über die damals noch wenig erforschte Erkrankung im Vordergrund. 1970 wurde schließlich die erste psychosoziale Krebsberatungsstelle Deutschlands ins Leben gerufen. Mittlerweile betreibt die Bayerische Krebsgesellschaft 13 dieser Einrichtungen sowie 26 weitere Anlaufstellen mit regelmäßigen Sprechstunden.
Neben der Einzelberatung werden aber auch weitere Hilfsangebote vermittelt, Weiterbildungen angeboten und die rund 200 Krebs-Selbsthilfegruppen in Bayern empfohlen. Die Beratung wird außerdem durch Präventionsarbeit – wie hier mit einem Info-Pavillon auf dem Würzburger Marktplatz – ergänzt.
„Wir in Bayern sind Schlusslicht bei der Prävention und das ist eigentlich sehr schade, weil man mit Prävention so viel bewirken kann und wir uns einfach wünschen, dass die Menschen davon einen Vorteil haben. Also wir, die Krebserkrankungen, nehmen zu, weil wir eine alternde Bevölkerung sind, und wir wünschen uns einfach, dass nicht so viele Menschen Krebs erleiden müssen. Eigentlich wäre unser größter Wunsch, dass es uns nicht mehr bräuchte.“, so Gabriele Brückner, Geschäftsführerin der Bayerischen Krebsgesellschaft.
Aktuell ist die Bayerische Krebsgesellschaft deshalb auch bei der Ausarbeitung des Masterplan Prävention des Bayerischen Gesundheitsministeriums beteiligt. Ein Engagement, das zeigt: Auch 100 Jahre nach ihrer Gründung ist die Anlaufstelle relevanter denn je – sie ist ein Netzwerk, das trägt, wenn das Leben ins Wanken gerät.