Es ist ungewöhnlich, dass sich viele verschiedene Fraktionen, deren parteipolitischen Inhalte teilweise so weit auseinanderliegen zu einem Bündnis zusammenfinden. Mit dem Verkehrskonsens „Besser leben im Bischofshut“ ist dies jedoch gelungen. Das Stadtratsbündnis will die Lebensqualität in Würzburg weiter steigern. So sollen der ÖPNV attraktiver, Rad- und Fußwege ausgebaut und die Erreichbarkeit der Innenstadt verbessert werden. Eigentlich sehr erfreuliche Pläne, doch stoßen einige Punkte des Antrags vermehrt auf Kritik.
Der Verkehrskonsens „Besser leben im Bischofshut“ des Stadtratbündnisses aus Grüne, Linke, FDP/Bürgerforum, Freie Wähler und weiteren Stadtratsmitgliedern sorgt derzeit in Würzburg für viel Uneinigkeit und wenig Konsens. Der überparteilich erarbeitete Grundsatzantrag sieht unter anderem eine Umstrukturierung der Parkmöglichkeiten in der Innenstadt vor. Dabei gilt: Je zentraler ein Parkplatz, desto teurer soll er werden. Um den Parksuchverkehr zu reduzieren, sollen Oberflächenparkplätze außerdem teurer werden als Parkhäuser. Besonders großes Streitthema – der bisher kostenfreie Parkplatz Talavera soll kostenpflichtig werden. Nun werden vielfach Stimmen laut, die dem Klimabürgermeister Martin Heilig vorwerfen, einen Besuch der Innenstadt dadurch unattraktiv zu machen. Eine der kritischen Stimmen kommt von der CSU, Würzburgs dritte Bürgermeisterin nennt die Pläne für die Talavera „unsozial“. Judith Jörg hat sich als Vorsitzende des Planungs-, Umwelt- und Mobilitätsausschusses mit dem Antrag auseinandergesetzt, sie hält die Pläne für überstürzt.
Weggenommen werden sollen laut dem Konzept 485 Parkplätze, allerdings erst nach Schaffung von 750 Neuen durch den Bau von Parkhäusern und Park and Ride Kapazitäten. Zudem soll der ÖPNV attraktiver werden – zum Beispiel in dem Parkscheine als Fahrkarte genutzt werden können. Trotzdem sieht Wolfgang Weier, Geschäftsführer des Würzburger Stadtmarketings massive Probleme bei der Bepreisung der Talavera. Er befürchtet einen Einbruch, des sowieso schon gebeutelten Handels. Martin Heilig hingegen argumentiert, der Stadtrat habe sich bereits 2018 dafür ausgesprochen, die Talavera kostenpflichtig zu machen. Er freut sich, dass nach etlichen gescheiterten Anträgen im Stadtrat endlich Veränderungen angestoßen werden.
Die CSU zeigt sich schwer enttäuscht nicht an der Ausarbeitung des Konzeptes beteiligt gewesen zu sein. Sie versucht nun Änderungswünsche in Form von Anträgen einzubringen. Doch diese Anträge seien bisher rigoros abgelehnt worden, man beharre im Stadtratsbündnis stur auf seinem Konzept. Heilig hingegen zeigt sich offen für konkrete Vorschläge. Verzögernde Diskussionen aber lehne er ab. Der Planungs-, Umwelt- und Mobilitätsausschuss stimmte ersten Teilanträgen aus dem Verkehrskonzept teils einstimmig, teils mit knapper Mehrheit zu – darunter auch der Bewirtschaftung der Talavera. Im Hauptausschuss zeichnete sich hingegen ein anderes Bild ab, SPD-Stadtrat Alexander Kolbow forderte, die Pläne für die Talavera aus dem Antrag zu streichen. Auch eine Würzburgerin ist mit der Bewirtschaftung nicht einverstanden und hat eine Petition gestartet – bisher kamen rund 6000 Unterschriften zusammen. Eine Entscheidung im Stadtrat wird es vermutlich am Donnerstag geben. Da die 29 Mitglieder des Verkehrsbündnisses eine Mehrheit im Stadtrat innehaben, werden die Pläne wohl umgesetzt. Vorausgesetzt alle Mitglieder stimmen für ihren gemeinsam erarbeiteten Antrag.