Die Temperaturen steigen, der Frühling ist da und die ersten Igel erwachen aus dem Winterschlaf. Für Gudrun und Herbert Martin aus Gerbrunn geht damit eigentlich die Arbeit so richtig los. Doch in diesem Jahr bleibt die Anlaufstelle für hilfsbedürftige, verletzte und verwaiste Igel das erste Mal nach 31 Jahren geschlossen – und zwar für immer. Die Auffangstation im Landkreis Würzburg ist kein eingetragener Verein. Die Martins arbeiten aber seit Jahrzehnten eng mit dem Würzburger Tierheim zusammen. Vereinsarbeit hätten sie sich bei dem Arbeitsaufwand den sie betrieben haben nicht leisten können. Die Pflege der Tiere sei ein Zwei-Personen-Vollzeitjob. Die Igelbabys müssen Tag und Nacht, alle zwei Stunden gefüttert werden. Bis zu 40 Anrufe erreichten die Martins täglich. Dazu kam noch die Dokumentation und die Versorgung und Verarztung der Tiere.
Das Ehepaar Martin hört vor allem aus gesundheitlichen Gründen auf. Mit einem lachenden und einem weinenden Augen blicken die beiden auf die letzten drei Jahrzehnte zurück. Denn vor allem im Oktober letzten Jahres gab es Ärger. Das verwilderte Nachbargrundstück, auf das die Igelstation die mühsam aufgepäppelten Tiere entlassen hatte, wurde von einem Tag auf den anderen Tag gerodet. Das Angebot der Martins, die dort lebende Tiere umzusiedeln, wurde nicht wahrgenommen. Im November wurde dann außerdem der Antrag auf Förderung der Igelstation abgelehnt. In den drei Jahren zuvor hatte die Familie 500 Euro jährlich für die Förderung des Natur- und Artenschutzes durch den Landkreis erhalten. Zu der Europatagmedaille aus 2012 gesellte sich vor zwei Jahren der Grüne Engel 2020, den das Ehepaar vom bayerischen Umweltministerium erhielten. Von Landrat Thomas Ebert wurden sie zusätzlich als „leuchtende Vorbilder der Gesellschaft“ für ihr langjähriges Engagement gelobt.
Staatliche Zuwendungen für Wildtierauffangstationen gibt es in Bayern nicht. Gefördert werden nur Einrichtungen, die die Weitervermittlung von Tieren zum Ziel haben. Wildtiere hingegen möchte man aber ja wieder in die Natur zurückführen. Aus eigener Tasche kümmerten sich die Martins daher um rund 300 der geschützten Tiere pro Jahr, 31 Jahre lang. Mehr als dreiviertel davon wurde erfolgreich wieder ausgewildert. Jetzt wo es die Igelstation in Gerbrunn nicht mehr gibt, hofft das Ehepaar, dass das Tierheim, alle Igelfreunde aus der Region, sowie ihre 50 ehrenamtlichen Pflegestellen ab sofort noch enger zusammenarbeiten.