Fr, 08.05.2020 , 14:08 Uhr

DenkOrt Deportationen

In den Jahren 1941 bis 1944 wurden 2069 unterfränkische Juden von Würzburg aus in die Vernichtungslager deportiert. Der Verein „DenkOrt Deportationen“ setzt sich für die Gedenkkultur ein. Dazu wurde ein bundesweit einzigartiges Beispiel der Erinnerungskultur ins Leben gerufen, das sich kurz vor der Fertigstellung befindet.
„Wir wollen erinnern“

Die größte Deportation fand im April 1942 statt. 852 Menschen aus Unterfrankens Städten und Gemeinden wurden über Tage hinweg in Würzburg gesammelt. Dafür wurde das Lokal „Platz’scher Garten“ von der Gestapo angemietet. Den Veranstaltungssaal mit Biergarten gibt es heute nicht mehr, an dem Ort hat aber der 2009 entstandene Arbeitskreis „Wir wollen erinnern“ eine Gedenkstätte realisiert. Sie liegt am Straßenrand des Friedrich-Ebert-Ringes am Ringpark. Es markiert den Anfang des Weges, den die Menschen gehen mussten: Am Ringpark entlang, am Hauptfriedhof vorbei, die Schweinfurter Straße hinaus bis zum damaligen Verladebahnhof Aumühle. Dieser existiert nicht mehr.

Aus dem DenkOrt Aumühle wird der DenkOrt Deportationen

Der aus dem Arbeitskreis entstandene Verein „DenkOrt Deportationen“ wollte an dem Ort des damaligen Bahnsteiges ein Denkmal für die deportierten Juden errichten – doch aus technischen Gründen war das nicht möglich. Es entsteht nun am Würzburger Hauptbahnhof. Das hat nicht nur den Vorteil, dass mehr Menschen den DenkOrt wahrnehmen werden, sondern ist auch authentisch, denn auch vom Hauptbahnhof aus wurden unterfränkische Juden deportiert.

Ein Denkmal für die deportierten Unterfränkischen Juden

Das Konzept des Denkortes: die Heimatgemeinden der deportierten Menschen fertigen als Kunstwerke gestaltete Gepäckstücke (Koffer, Schlafsäcke, Rucksäcke) wie sie auf von der Gestapo angefertigten Fotos der 3. Deportation zu sehen sind. Diese Gepäckstücke werden auf Beton-Stelen befestigt und bilden so den DenkOrt. Dies ermöglicht die Einbindung der Menschen in ganz Unterfranken an dem Konzept, das maßgeblich vom Johanna Stahl Zentrum für jüdische Geschichte und Kultur in Unterfranken entwickelt wurde. Es bleibt in Bewegung, denn auch nach der Eröffnung können noch Gepäckstücke dazukommen.

Gemeinden stehen zu ihrer Geschichte und Verantwortung

Ein Zwillingsstück des Kunstwerk-Gepäckstückes bleibt in der Heimatgemeinde. So wird die Erinnerung an das dunkle Kapitel der Gemeinde nicht nach Würzburg „abgegeben“, sondern die Bürgerinnen und Bürger vor Ort behalten die Erinnerung und die Verantwortung für das Geschehene. So wurde zum Beispiel in der Stadt Marktbreit eine als Koffer gestaltete Steinskulptur in der Bahnhofstraße aufgestellt. Dies ist einerseits ein Ort innerhalb der Stadt, der von den Bürgerinnen und Bürgern häufig frequentiert wird, andererseits verweist er auch auf den Bahnhof und damit auf die Deportation von 33 Marktbreiterinnen und Marktbreitern in die Vernichtungslager.

Eigene Recherche und Jugendprojekte

Entstanden ist außerdem eine Homepage zu dem Konzept, auf der die Geschichte der jüdischen Gemeinden in Unterfranken und die Einzelschicksale ihrer Mitglieder recherchiert werden können

https://denkort-deportationen.de/orte/

Darüber hinaus wird auch ein pädagogisches Konzept angeboten: das Bündnis für Demokratie und Zivilcourage und die Jugendbildungsstätte Unterfranken führen Projekte mit Jugendlichen zum Thema Ausgrenzung und Umgang mit Minderheiten an.

https://denkort-deportationen.de/jugendprojekte

Corona verhindert Einweihungsfeier

Die Einweihung des DenkOrt Deportationen am Würzburger Hauptbahnhof hätte am 21. April 2020 stattfinden sollen, musste aber wegen der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen infolge der Corona-Pandemie verschoben bis auf weiteres verschoben werden.

Im Film kommen zu Wort:

Besonderer Dank geht an das Bayerische Staatsarchiv Würzburg

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