Mo., 29.05.2023 , 18:00 Uhr

Ein Dorf und sein Bier - Das Unterwälder Hausbrau

Bierbrauen in Unterwaldbehrungen – Eines der letzten intakten Gemeindebrauhäuser in Rhön-Grabfeld

Zweimal im Jahr steigt Rauch aus dem Schornstein des Brauhauses in Unterwaldbehrungen, im Landkreis Rhön-Grabfeld auf. Einmal im Herbst und einmal im Frühjahr – dann wird Bier gebraut. Thomas Reß hat sich das Handwerk vom alten Braumeister Erich Hemmert zeigen lassen und führt die Tradition weiter. Die Anlage von 1952 erledigt auch heute noch zuverlässig ihren Dienst. Ausgestattet ist das Brauhaus mit einem Holzofen über dem der Sudkessel sitzt, einem Maischekessel und dem breiten aber flachen Kühlschiff.

Schritt 1 – Flaschen putzen

In der Woche vor den Brautagen herrscht reger Betrieb in der Waschküche von Leonhard Hemmert. Weil es im Dorf keinen zentralen Bierkeller gibt, in dem das Bier gären und lagern kann, macht das jeder selbst bei sich zuhause. Auch die Flaschen, in die das Bier später gefüllt wird muss jeder Bierbrauer bereitstellen – und natürlich putzen. Eine aufwendige Arbeit, für die Leonhard Hemmert eigene Apparaturen und Helferlein gebaut hat. Für seinen Erfindergeist wird der 74-Jährige im ganzen Dorf bewundert.

Schritt 2 – Der Brautag

Der Brautag beginnt um 7 Uhr in der Früh: Zuerst muss das Malz geschrotet werden, bevor es mit warmem Wasser vermischt, also „angemaischt“ wird. Das Gemisch wird in den Sudkessel gepumpt und bei bestimmten Temperaturstufen gekocht, damit es zur Eiweißrast kommt. Dann löst sich der meiste Zucker aus dem Malzschrot. Anschließend können sich im entstandenen „Wiertz“ die Malzreste von der Flüssigkeit während der Bierruhe absetzen. Das Wiertz wird schließlich vom Malz getrennt und wieder gekocht – der Hopfen kommt jetzt dazu. Der verleiht dem Bier später Bitterstoffe und macht es haltbar. Im letzten Schritt lässt Thomas Reß den Hopfen-Malz-Tee am frühen Abend aufs „Schiff“, wo es über Nacht abkühlt.

Schritt 3 – Bier tragen

Am nächsten Morgen ist die Stammwürze auf dem Schiff idealerweise auf etwa 10 Grad abgekühlt. Deshalb liegen die Brautage auch nur im Frühling und Herbst, weil es da ausreichend kühl ist. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem der „Braumeister“ Thomas Reß das unfertige Bier an alle weiteren „Brauer“ abgibt. Den ganzen Vormittag über wird Hektoliter weise Bier abgepumpt und in alten Milchkannen in die heimischen Keller gefahren. Früher trug man das Bier tatsächlich in Butten auf dem Rücken. Zuhause wird dann noch die Brauhefe zugegeben, die dann etwa eine Woche lang ihren Job macht: Alkohol und Kohlensäure bilden.

Schritt 4 – Flaschenabfüllung

Der richtige Zeitpunkt, wann das Bier in die Flaschen gefüllt wird, ist entscheidend. Das Bier wird nicht gefiltert, ein Teil der Hefe bleibt also auch in den Flaschen und gärt dort nach. Füllt man zu früh ab, explodieren die Flaschen wegen des hohen Drucks – zu spät, und man muss einen „tauben Bauer“ trinken, wie Leonhard Hemmert das Bier mit zu wenig Kohlensäure nennt. Den perfekten Zeitpunkt zu treffen, hat viel mit Erfahrung, penibler Kontrolle der Temperatur und einem Messgerät, der Spindel zu tun. Sie zeigt die Entwicklung der Stammwürze an. Wer einmal ein Aquarium saubergemacht hat, der weiß auch wie das Bier vom Gärbottich in die Flaschen kommt. Schlauch rein, ansaugen, nach unten halten – läuft. Mit dieser banalen Methode gibt sich aber natürlich ein Leonhard Hemmert nicht zufrieden….

Schritt 5 – Prost!

Nach etwa 6 Wochen ist das Bier dann fertig in den Flaschen gereift. Wenn alles geklappt hat, schnallst der Bügelverschluss beim Öffnen mit einem satten „PLOPP“ nach oben und das perfekt temperierte Unterwälder Hausbrau ist ein erfrischender und einzigartiger Genuss. Denn, unter Garantie schmeckt das Bier bei jedem „Hausbrauer“ anders.

Gelebte Tradition in Unterwaldbehrungen. Ein Dorf und sein Bier.

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