366 Mal zerstörte Hoffnung, 366 Mal Todesangst, 366 Mal Sterben, Leid, Verzweiflung – 366 Menschen. Der 3. Oktober 2013: Ein Boot mit Flüchtlingen aus Somalia und Eritrea sank vor der italienischen Insel Lampedusa. Während ein Teil der Menschen gerettet werden konnte, kamen 366 nachweislich ums Leben. Ein Unglück, das weltweite Bestürzung hervorrief. Nie wieder dürfe das passieren, so die Forderung aus der Politik – doch das Sterben geht weiter…Gegen das Vergessen stellt sich die Künstlerin Gerda Enk mit ihrer Installation „366 – Ein Mensch ist ein Mensch ist ein Mensch“ in der Würzburger Augustinerkirche. Das Thema habe Enk unwahrscheinlich erschüttert – seit 2015 mache sie sich daher Gedanken, wie sich das ganze künstlerisch umsetzen lässt.
Die Installation kommt vielleicht genau zur richtigen Zeit, beobachtet die Winterhäuser Künstlerin doch einen massiven Wandel in der Gesellschaft. Enk spricht von einer immer hasserfüllteren und eisigeren Zeit, die es aufzubrechen gilt. Die Portraits und die Zahl 366 seien jeweils symbolisch zu verstehen. Enks Installation stellt den Weg zum Licht dar – man könne die Dunkelheit unserer Zeit eben nicht mit Dunkelheit bekämpfen, es brauche Licht. Inspiriert wurde die Künstlerin dazu unter anderem von einer Kunstaktion vor der Pariser Oper. Der Weg beginnt in einer Nische in der Nähe des Kircheneingangs mit zwei Bleitafeln und überwiegend dunklen Alu-Dibond-Stelen. Diese Stelen sind mit kurzen Texten sowie Portraits auf Augenhöhe versehen. Da Licht aber auch Farbigkeit bedeute, hatte Enk ihren ursprünglichen Plan erweitert: Als „Repräsentanten“ des Lichts und der Lebendigkeit kam die Inklusive Akademie ins Spiel.
Isabel Gräf ist Projektleiterin bei der Inklusiven Akademie Würzburg/Schweinfurt. Dass sie mit einigen Stelen Teil der Kunstinstallation werden konnte, freut sie sehr. Als Gerda Enk den Talentkurs der Akademie besucht hatte, fanden sich die ersten fünf Jugendlichen für die Gestaltung einer Stele. Es kamen später noch weitere hinzu – ebenso wie einige Künstler aus dem Team. Ebenso beteiligt an dem Prozess waren einige Augustinerbrüder um Bruder Peter Reinl, die über zwei Jahre im steten Austausch mit der Künstlerin immer wieder neue Denkanstöße gaben und die reibungslose Umsetzung in der Augustinerkirche ermöglichten. Darüber hinaus hat der Orden hier für die anstehenden fünf Wochen nach der Vernissage einige Veranstaltungen wie Konzerte und einen Vortrag rund um die Thematik organisiert.
Am Ende bleibt die Frage: Wie gehen wir als „Lebende“ mit Tragödien wie der vor Lampedusa um? Enk wolle hier niemanden belehren, sondern zum Nachdenken über den Umgang mit sich selbst und anderen anregen. Ein Denkanstoß, der Hoffnung geben kann und den sich alle immer wieder aufs Neue in Erinnerung rufen sollten – unabhängig von Alter, Beruf, Sexualität oder Herkunft. Denn ein Mensch ist ein Mensch ist ein Mensch.