Mi., 10.09.2025 , 17:55 Uhr

Fortschritt oder Rückschritt? – Initiative will mit Bürgerentscheid das alte Schweinfurter Stadtbussystem zurückbringen

Seit rund acht Monaten ist in Schweinfurt das neue Stadtbussystem – auch „Stadtbus 2.0“ genannt – in Betrieb. Ziel der Umstellung war es, mehr Übersichtlichkeit und Zuverlässigkeit zu schaffen. Doch für viele Fahrgäste hat sich der Alltag seitdem spürbar verändert – und nicht unbedingt zum Besseren. Genau deshalb formiert sich nun Widerstand in Form eines Bürgerbegehrens, das den alten Fahrplan zurückbringen will.

Kritik: Längere Wartezeiten und schlechtere Verbindungen

Diplom-Ingenieurin Ines Bender, eine der Initiatorinnen, beschreibt ihre Erfahrungen mit dem alten und neuen System sehr deutlich:

„Das alte Stadtbussystem war so angelegt, dass sehr viele Haltestellen im Laufbereich waren. Für mich ansprechbar: sechs Buslinien mit mehreren Haltestellen, alles konnte ich innerhalb von drei bis acht Minuten erreichen. […] Heute treffen alle Busse zum selben Zeitpunkt am Roßmarkt ein. […] Ich könnte mir zwar überlegen, heute mit der einen, morgen mit der anderen Linie zu fahren, aber es hat keine Auswirkungen. Es bleibt immer dieselbe Buszeit – und dann warte ich eine halbe Stunde, bis der nächste Bus fährt.“

Nach Ansicht der Initiative hat das neue System also nicht für dichtere, sondern für ausgedünnte Takte gesorgt. Kritisiert werden außerdem:

So habe etwa die Bergl-Linie nach Berechnungen von Mitinitiator Hartmut Bach rund 36 Prozent ihrer Fahrten verloren.

Auch Fahrer von langen Standzeiten betroffen

Hartmut Bach verweist zudem auf zusätzliche Probleme im Betriebsablauf:

„Mir ist dann gleich am Anfang aufgefallen, dass in dem System hohe Wartezeiten an Endhaltestellen vorhanden sind. Knapp 60 Stunden habe ich ermittelt, das heißt ungefähr sieben bis acht Busfahrer werden an Werktagen nur damit beschäftigt, die Wartezeit an den Endhaltestellen abzusitzen.“

Sorgen um die Innenstadt

Besonders problematisch sei auch die Abkopplung des Marktplatzes. Dort, wo früher mehrere Linien hielten und so für ständige Belebung sorgten, sei es nun deutlich ruhiger geworden. Geschäftsleute und Gastronomen beklagen weniger Laufkundschaft.

Die parteilose Stadträtin Ulrike Schneider teilt die Kritik und will das Bürgerbegehren aktiv unterstützen:

„Ich habe in den fast 30 Jahren meiner Stadtratstätigkeit eigentlich noch kein Thema gehabt, wo sich so viele empörte Bürger bei mir gemeldet haben – durch alle Altersgruppen hinweg. […] Ich bin in großer Sorge um das Stadtbussystem und damit auch um die Innenstadt. Denn viele Bürger haben mir geschrieben, dass sie den Bus nicht mehr nutzen und auch nicht mehr in die Stadt einkaufen fahren werden.“

Stadtwerke verteidigen das neue System

Die Stadtwerke Schweinfurt weisen die Kritikpunkte zurück und verweisen auf die Ziele der Umstellung:

„Die Haltestellen Kornmarkt und Museum Georg Schäfer befinden sich in unmittelbarer Nähe zur Haltestelle Markt und sind fußläufig in wenigen Minuten erreichbar“, betonen die Stadtwerke.

Ziel des Bürgerbegehrens

Die Initiative fordert, das alte Liniennetz wieder einzuführen – als Grundlage für weitere Verbesserungen. Damit ein Bürgerentscheid zustande kommt, braucht es mindestens 2.400 gültige Unterschriften, also rund sechs Prozent der Wahlberechtigten in Schweinfurt. Ziel ist es, den Entscheid mit den Kommunalwahlen zu verbinden, um Kosten zu sparen und eine hohe Beteiligung sicherzustellen.

Unterschreiben können zwar auch Bürgerinnen und Bürger aus dem Landkreis, gezählt werden beim Begehren jedoch nur die Stimmen aus der Stadt. Dennoch hofft die Initiative auf breite Unterstützung, um ein deutliches Signal zu setzen.

Infoveranstaltungen für Bürgerinnen und Bürger

Die ersten öffentlichen Informationsveranstaltungen finden am Montag, 15. September, statt:

Weitere Informationen gibt es hier!

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