Die Selbsthilfe gilt als eine der tragenden Säulen unserer Gesundheitsversorgung. In ganz Deutschland gibt es rund 100.000 Selbsthilfegruppen, welche insgesamt über 3 Millionen Menschen bei ihren Problemen unterstützen. Auch im Würzburger Raum gibt es viele dieser Gruppen – im Rahmen eines Aktionstags wurde nun der Austausch untereinander weiter gefördert.
„Komm, gehen wir ein Stück des Weges gemeinsam.“ Das Universitätsklinikum Würzburg hatte zu einem gemeinsamen Spaziergang am Mainufer eingeladen. Ganz ungezwungen und niedrigschwellig sollen hier Mitglieder und Interessierte an Selbsthilfegruppen ins Gespräch kommen.
„Oft ist ja auch die Erkrankung ein Stück Weg, den man gehen muss. Und ich glaube, wenn man da heute mitgegangen ist, merkt man einfach, dass der Austausch und die Nähe schon hilft, sowas zu teilen. Und wir wollen einfach Menschen zusammenbringen an diesem Aktionstag. Und auch ein bisschen danke sagen den Selbsthilfegruppen, was sie ehrenamtlich leisten für unsere Patientinnen und Patienten in der Region“, so Gabriele Nelkenstock, Selbsthilfebeauftragte des Universitätsklinikums Würzburg.
Als einziges Universitätsklinikum in Bayern ist das UKW als selbsthilfefreundliches Krankenhaus ausgezeichnet. Das heißt, die Klinik steht in engem Kontakt mit diversen Selbsthilfegruppen.
„Wir geben ihnen Informationen, wir geben ihnen neueste Forschungserkenntnisse und lernen einfach auch von der Selbsthilfe. Das selbsthilfefreundliche Krankenhaus ist kein einseitiger Prozess, sondern ein gemeinsamer Prozess. Wir lernen von den Erfahrungen von den Betroffenen und die Betroffenen dürfen ein bisschen von den Erfahrungen lernen, die wir, unsere Experten im Klinikum, haben“, erklärt Nelkenstock.
Und auch an diesem Aktionstag ging es darum, von anderen zu lernen. Selbsthilfegruppen konnten sehen, wie in anderen Gruppen gearbeitet wird beziehungsweise wie man dort gewisse Herausforderungen meistert. Denn die Arbeit in der Selbsthilfe kann viele Gesichter haben und viele verschiedene Bereiche abdecken. In und um Würzburg gibt es mit insgesamt rund 250 Stück ungewöhnlich viele Anlaufstellen – eine davon dreht sich beispielsweise um die Belange von blinden und sehbehinderten Menschen.
„Da geht es darum, dass Menschen, die schonmal mit einer Seheinschränkung konfrontiert werden, erstmal auf Rückzug gehen. Es ist schon immer noch mit einer Stigmatisierung verbunden. Und da bedeutet es Rückzug. Man hat Scham, nicht mehr dazuzugehören. Und da gehören noch viele viele Bereiche dazu“, so Barbara Mergenthaler Blickpunkt Auge-Beraterin des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes.
Der Austausch mit anderen Betroffenen – in welcher Form auch immer – kann sehr bereichernd sein. Es gehört allerdings auch eine gewisse Portion Mut dazu, sich anderen zu öffnen.
„Da sollte man möglichst wenig Scheu haben und einfach ausprobieren. Und auch nicht beim ersten mal. Weil eine Gruppe, wenn man da neu dazukommt, ist es erst einmal etwas befremdlich. Also mir ging es schon so. Und ich muss auch sagen, ich habe dann lange erstmal Abstand genommen bis ich mich dann eigentlich richtig getraut habe. Und ich glaube das geht vielen Menschen so“, erinnert sich Mergenthaler.
Wenn man dann aber bereit ist, diesen Schritt zu gehen, stellt sich die Frage, wohin man sich denn am besten wendet. Eine Möglichkeit ist etwa die Selbsthilfekontaktstelle des Paritätischen. Wenn eine Person aus Unterfranken eine Gruppe sucht, vermittelt die Stelle idealerweise gleich einen entsprechenden Kontakt. Sollte es keine Gruppe in dem gewünschten Gebiet geben, ist natürlich eine Gründung eine mögliche Option.
„Bei dieser Gründung der Selbsthilfegruppe unterstütze ich natürlich in allen Belangen. Erstmal beraten: Was ist eine Selbsthilfegruppe, was gibt’s für rechtliche Hintergründe. Wo finde ich einen Raum eventuell? Was für Förderungen gibt’s auch? Es gibt eine umfassende Beratung und der Gründungsprozess wird begleitet bis zur Gründung und noch ein Stückchen weiter hinaus“, erklärt Andreas Selig von der Selbsthilfekontaktstelle des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.
Man wird auf diesem Weg also an die Hand genommen und nicht mit seinen Problemen alleine gelassen. Die Selbsthilfe kann und soll die medizinische Versorgung durch Experten natürlich nicht ersetzen, sondern ergänzen. Sie setzt im späteren Alltag der Betroffenen an. Der Austausch tat allen Anwesenden an diesem Aktionstag, welcher nun schon zum dritten Mal ausgerichtet wurde, sichtlich gut. Das Format hat sich bewährt, also heißt es vielleicht bald schon wieder in Würzburg: „Gehen wir ein Stück des Weges gemeinsam“.