Die Behandlung von Krankheiten endet oft nicht mit dem Besuch beim Arzt. Denn neben der medizinischen Versorgung spielen vor allem auch der Austausch mit anderen, das Gefühl von Gemeinschaft und gegenseitiger Unterstützung eine wichtige Rolle. Genau hier setzt die Selbsthilfe an: Menschen, die dieselbe Erfahrung teilen, kommen zusammen, um sich gegenseitig Kraft zu geben, Erfahrungen auszutauschen und gemeinsam den Alltag zu meistern. Und das wurde am Mittwoch in Würzburg würdig gefeiert.
Wenn das Leben aus der Spur gerät – durch Krankheit, Sucht oder Schicksalsschläge – kann ein Gespräch auf Augenhöhe der erste Schritt zurück sein. Seit 40 Jahren bietet die Selbsthilfe Kontaktstelle zusammen mit den Würzburger Selbsthilfegruppen genau diesen Raum – offen, ehrlich, stärkend. Dieses Jubiläum wurde am Mittwoch mit einem Festakt im historischen Ratssaal gefeiert. Was 1985 als Modellprojekt des Bundesbildungsministeriums begann, ist heute fester Bestandteil des städtischen Aktivbüros – mit rund 250 Selbsthilfe-Kontakten allein in Würzburg von A wie Angst bis Z wie Zöliakie.
„Wir helfen zum einen bei der Gruppengründung. Also man kann sich das ganz praktisch vorstellen, wenn jemand kommt und sagt: ich habe ein Redethema, über das ich gerne eine Gruppe gründen möchte. Wir haben jetzt zum Beispiel eine neue Gruppengründung gehabt zu dem Thema Nahtoderfahrungen. Ich suche andere Gleichgesinnte, die sich mit mir darüber austauschen. Dann können die Personen zu uns kommen, wir gucken, haben wir schon eine Gruppe dazu? Wenn nicht, wären Sie bereit, eine Gruppe zu gründen. Wir unterstützen Sie. Dann unterstützen wir bei der Bewerbung, so dass sich andere Gleichgesinnte finden, bei den ersten Gruppentreffen, so dass Gruppenregeln mit etabliert werden können. Vielleicht so kleine Rituale, was passend ist usw. Und ja, das sind so die Anfänge, die wir unterstützen. Immer wieder aber auch bestehende Gruppen, wenn es vielleicht Gruppenleiterwechsel gibt, wenn es mal Probleme gibt, ganz viel Öffentlichkeitsarbeit. Wir haben die Selbsthilfezeitung, wo wir auf unsere Gruppen hinweisen und eben interessierte Bürgerinnen und Bürger, die wir an die Gruppen mit vermitteln.“, so Kristin Funk, Leiterin des Aktivbüros.
Wie wirksam dieses Engagement ist, zeigte auch der Festakt: Der Selbsthilfe-Experte Jürgen Matzat spannte in seinem Vortrag den Bogen von den Anfängen bis zur bundesweiten Entwicklung – und lieferte sieben Thesen, warum Selbsthilfe wirkt. Musikalisch begleitet wurde die Feier vom Künstler Rhobbin, der durch Selbsthilfe clean wurde – und es bis heute geblieben ist. Die Würzburger Künstlerin Christiane Gaebert hielt das Jubiläum außerdem in einem One-Line-Porträt fest. Sie alle zeigen: Selbsthilfe ist mehr als Austausch. Sie vermittelt Wissen, schafft Gemeinschaft und stärkt Betroffene dabei, ihre Interessen zu vertreten – mit Herz, Haltung und oft beeindruckender Kraft.