Mo., 03.03.2025 , 19:50 Uhr

Gipsabbau und die Zeller Quellen – Wie ein geplantes Bergwerk bei Altertheim für Diskussionen sorgt

Es ist ein Thema, das den Raum Würzburg schon lange beschäftigt und in der letzten Zeit noch einmal an Fahrt aufgenommen hat: Die geplante Erweiterung des Trinkwasserschutzgebiets „Zeller Quellen“ und das Vorhaben der Firma Knauf dort ein Gipsbergwerk errichten zu wollen. In diesem Beitrag haben wir die wichtigsten Punkte zusammengefasst. Doch erst einmal zum Anfang: Seit rund 30 Jahren versucht man, das bereits bestehende Trinkwasserschutzgebiet „Zeller Quellstollen“ von acht auf 66 Quadratkilometer zu vergrößern. 2022 wurde das entsprechende Verfahren schließlich eröffnet – Einwendungen von Firmen und Privatpersonen sorgten für weitere Verzögerungen. Der geplanten Erweiterung des Gebiets schaut Armin Lewetz von der Trinkwasserversorgung Würzburg, kurz TWV, nun aber positiv entgegen, denn die Schutzbedürftigkeit sei klar gegeben.

Knauf-Pläne bestehen seit 1997

Und hier kommt die Firma Knauf ins Spiel: Seit 1997 plant das in Iphofen ansässige Unternehmen an einem unterirdischen Gipsbergwerk, welches nun in der Altertheimer Mulde errichtet werden soll. Und die befindet sich wiederum im Einzugsgebiet des Trinkwasserschutzgebiets. Sollte das Bergwerk fertiggestellt werden, wäre es das größte seiner Art in Bayern. Geplante Inbetriebnahme: bereits 2027. Doch das Vorhaben ruft viele Gegner auf den Plan. So etwa Dieter Kraus-Egbers und Klaus Bolch, die 2019 gemeinsam den „Verein zur Förderung und Erhaltung einer gesunden Umwelt in Altertheim“ gegründet hatten. Dessen Ziel ist es, das Vorhaben von Knauf kritisch zu begleiten. Insbesondere einen Austausch mit der Bevölkerung haben die beiden Vorstände Kraus-Egbers und Bolch bisher vermisst. Ein Vesäumnis, dem der Verein kurzerhand selbst entgegenwirkt:

„Wir haben Unterschriften gesammelt, um ein Bürgerbegehren in die Wege zu leiten. Und die Möglichkeit für die Bürger zu schaffen, abzustimmen ob sie das wollen oder nicht. Außerdem haben wir viele Flyer und Informationen gesammelt und veröffentlicht, um auf die Gefahren hinzuweisen oder die Konsequenzen, die uns erwarten.“, so Dieter Kraus-Egbers.

Die Sorge um das Trinkwasser

Doch von welchen möglichen Konsequenzen für die Menschen in der Region ist hier die Rede? Die Sorgen des Altertheimer Vereins teilt Alfred Lanfervoß, Abteilungsleiter bei der Trinkwasserversorgung Würzburg GmbH. Rund 65.000 Menschen aus Würzburg, also die Hälfte der Stadtbevölkerung, und noch einmal 18.000 weitere aus dem Landkreis Würzburg, beziehen ihr Trinkwasser aus dem Zeller Quellstollen. Dieses Wasser zu schützen, müsse stets das oberste Gebot sein, so Lanfervoß. Mögliche Gefahren sieht er an diversen Stellen:

„Das ist die Felsmechanik, die Standsicherheit des Gebirges. Das ist aber auch die Wasserdurchlässigkeit im Gebirge, die ein anderer Fachbereich abdeckt, die Hydrogeologie. Und letztendlich auch die Frage: Wie sieht denn diese Sache nach Abbauabschluss des Bergwerks aus? Wie sehen denn die Strömungsverhältnisse aus? Waschungen, Lösungsvorgänge können sich im Untergrund einstellen. Und dafür ist dann auch ein spezielles Unternehmen beauftragt, das dies dann prüft.“

Gutachten gegen Gutachten

Und das ist wohl auch ein Kernproblem in diesem Konflikt: Sowohl Knauf als auch die TWV haben Gutachten in Auftrag gegeben, die sich in ihren Ergebnissen aber teils stark unterscheiden. Zum Verständnis: Mit Bohrungen und Sprengungen plant Knauf etwa für die nächsten 60 Jahre in bis zu 130 Metern Tiefe Gips abzubauen. Zwischen den Gipsvorkommen und der grundwasserführenden Schicht darüber befindet sich eine 9 Meter dicke Ton-Sulfat-Wechsellagerung, die das Wasser zurückhält. Die TWV äußert Bedenken, dass es hier zu Rissen im Gestein kommen und so letztlich Wasser in das Bergwerk eindringen könnte. Knauf geht dabei unter ungünstigen Bedingungen von maximal einem Prozent der Wassermenge aus, die im Zeller Stollen ankommt – die TWV rechnet mit anderen Werten und befürchtet im schlimmsten Fall bis zu 20 Prozent. Beim Blick auf die Quellschüttung der letzten Jahre macht sich der Klimawandel deutlich bemerkbar – ein Verlust von bis zu 20 Prozent wären daher in der ohnehin schon von Trockenheit geplagten Region Würzburg verheerend.

Knauf hält Bergwerk für sicher

Reichlich Kritik, mit der sich Knauf-Vertreter Marco Pabstmann dann auch bei einer Sondersitzung des Würzburger Stadtrats konfrontiert sah:

„Es wurden sehr umfangreiche Untersuchungen insbesondere in den letzten vier Jahren durchgeführt, die insbesondere das Ziel hatten, sicherzustellen, dass ein untertägiger Abbau sehr gut mit der Trinkwasserversorgung/Trinkwasserschutz einhergehen kann. Dafür wurden 19 Bohrungen abgetäuft, insbesondere um Aufschluss zu kriegen, wie sieht die Hydrogeologie untertage aus? Wie sind die entsprechenden Beziehungen untertage, wohin fließt das Wasser?“, so Pabstmann.

Das Gips-Recycling

Die Untersuchungen hätten also ergeben, dass der Bau des Bergwerks sicher machbar ist, erklärt Pabstmann. Doch braucht es überhaupt ein Gipsbergwerk? Als wichtiges Argument für das Werk führt Knauf den drohenden Einbruch in der Gipsversorgung auf. Gips, der unverzichtbar für das Bauen von Wohnungen sei, so der Technische Direktor. Deutschland drohe eine Gipslücke, die sich aus dem politisch festgelegten Kohleausstieg ergebe. Diese Gipslücke von rund 4 Millionen Tonnen müsse geschlossen werden. Eine bedeutende Rolle kann dabei in Zukunft der Recycling-Gips spielen. Vom BUND Naturschutz heißt es dazu:

 „Gips-Recycling wird in Deutschland leider noch nicht viel gemacht. Die Firma Knauf macht aber bereits jetzt in Frankreich Gips-Recycling. Aber offensichtlich ist es billiger Naturgips abzubauen als Gips zu recyclen.“, so Norbert Herrmann von der BUND Naturschutz Ortsgruppe Zell.

Man arbeite intensiv daran, auch künftig mehr Recycling-Gips in die Produktionsprozesse zu integrieren, so Marco Pabstmann. Aber:

„Aktuell gibt es noch gewisse Hemmnisse: Einerseits fällt nicht genug recyclingfähiger Gips an. Das heißt es wird aktuell mehr gebaut als zurückgebaut wird, durch Renovierung oder Umgestaltung. Und das zweite ist: es gibt regulatorische Hemmnisse, um den Gips, vermehrt, der von Baustellen zurückkommt, einsetzen zu können(…) Alternative Stoffe sind nicht in der Lage, diese Gipslücke auch nur ansatzweise abzudecken und zu schließen. Es gibt verschiedene Ansichtsweisen, aber es belegen Gutachten, dass das keine Alternativen in nennenswerter Art und Weise darstellen.“

Bis zu 320 LKW am Tag

Neben diversen Gefährdungen der Umwelt befürchtet die Gegenseite auch Belastungen auf die Menschen in der unmittelbaren Umgebung des geplanten Werks. Denn der abgebaute Gips soll erst in Silos zwischengelagert und anschließend per LKW in Richtung Iphofener Knauf-Werke transportiert werden. Bis zu 320 LKW sollen hier jeden Tag zwischen 6 und 22 Uhr fahren, möglicherweise auch samstags. Und das in nur 270 Metern Entfernung zu den ersten Wohnhäusern. Also doch nicht ganz das versprochene „unsichtbare Bergwerk“? Dazu Knauf:

„Uns ist es bewusst, dass niemand LKW-Verkehr, aber auch Lärmbelästigung haben möchte. Deswegen war man auch hier in der Auswahl der Transportroute sehr sorgsam. Und die Transportroute überwiegend über Staatsstraßen und über die Autobahn A3. Was wir vermeiden ist, dass wir durch Wohngebiete fahren müssen. Das heißt auch dieser Auswahl liegen Gutachten zugrunde, auch ein Emissionsgutachten, welches auch bestätigt, dass der LKW-Verkehr keine Auswirkungen auf beispielsweise Wohnbevölkerung haben wird.“, erklärt Marco Pabstmann.

Einwendungen bis 6. März möglich

Viele Aussagen und Befürchtungen, die sich in diesem Konflikt gegenüberstehen – viele technische Fragen, die es erst einmal zu verstehen gilt. Letzten Endes liegt die Entscheidungsgewalt aber beim Bergamt Nordbayern. Wie können Privatpersonen jetzt aktiv werden? Noch bis zum 6. März besteht die Möglichkeit, Einwände zu den Plänen von Knauf zu schreiben und postalisch an das Bergamt Nordbayern in Bayreuth zu schicken. Musikerin Christiane Dehmer ist Mitglied im Altertheimer Verein und weiß, wie kompliziert die ganze Angelegenheit ist. Als Bürgerin aus einer der 13 betroffenen Gemeinden hat sie sich ausführlich mit der Thematik beschäftigt und bietet Unterstützung in diesem Daten-Dschungel an.

 „In den Gemeinden lagen jetzt die Unterlagen aus. Ich war selber vor Ort – eine Stange von Ordnern. Das ist recht beeindruckend, weil das ungefähr 2500 Seiten sind. Und das liest sich wirklich ganz sperrig, vor allem hat der Bürger normalerweise gar keine Zeit die zu lesen. Da sind wir recht hilfsbereit als Altertheimer Verein, aber auch als Engagierte bei BUND Naturschutz oder auch Wasser am Limit, dass wir den Bürgern helfen, das Wesentliche zu sehen.“, so Christiane Dehmer.

Daher hat der Verein die Website „Wasser-in-Gefahr.de“ errichtet und dort verschiedene Kritikpunkte gesammelt, über die man sich näher informieren kann. Eine Übersicht von Knauf zu den Plänen bei Altertheim findet sich unter „altertheimer-mulde.de„. Egal, wie die Entscheidung letztlich ausfällt – sie wird definitiv folgenreich sein. Auf die ein oder andere Art und Weise.

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