Jetzt blicken wir einmal in Richtung Schottland – gut nicht ganz so weit in den Norden – aber immerhin bis nach Haard im Kreis Bad Kissingen. Denn der Gemeindeteil von Nüdlingen stand am vergangenen Wochenende ganz im Zeichen Schottlands. Bereits die sechste Ausgabe der Höörder Highland Games ging hier über die Bühne – und wir waren natürlich dabei.
Ärmel hochkrempeln, in den Kilt schlüpfen und ran an den Speck. Oder ran an die Steine? Bei den 6. Höörder Highland Games ist bei den Teilnehmenden Körperkraft, Geschwindigkeit und Technik gefragt. Eine traditionsreiche Sportart aus dem Nordwesten Schottlands, welche auch hierzulande die Menschen begeistert.
„Die Disziplinen die man hier ausübt, sind mehr als 1000 Jahre alt. Die Dinge, die man hier macht, sind von einer herrlichen Urtümlichkeit her. Und das absolut besondere bei diesen Wettbewerben, ist das unglaubliche Miteinander. Ganz im Sinne der früheren schottischen Gatherings macht man hier gemeinsam eine Sportveranstaltung, ist gemeinsam am Platz, feiert, macht seine Wettbewerbe. Und hat eine ganz tolle Community hier.“, schwärmt Jürgen Stickelbrock, Präsident des Deutschen Highlandgames Verbandes.
Die Highland-Games sind 2017 in das unterfränkische Haard gekommen. Aus der Idee heraus, dass man bei der sonst von Fußball geprägten Spielvereinigung einmal ein Sommerfest der etwas anderen Art veranstalten wollte.
Von der ersten bis zur nun schon sechsten Ausgabe hat sich das Event weiterentwickelt. Starke Frauen und Männer aus ganz Deutschland stehen hier auf dem Feld, aber:
„Im Moment ist es ein bisschen schwierig, Teilnehmer zu finden, die aus der näheren Umgebung kommen. Weil die Gewichte und Disziplinen schrecken schon ein bisschen ab. Aber im Prinzip kann man wirklich sagen: Der Teamwettkampf, das ist ja eine andere Hausnummer, als das was jetzt läuft, ist für jeden, der einen gesunden Körper hat geeignet. Das kann jeder machen. Gewinnen vielleicht nicht, aber es kann jeder seinen Spaß dabei haben. Und darum geht es hauptsächlich.“, so Mitorganisator Frank Krakowski.
Der Spaß ist sowohl den 700 Schaulustigen als auch den Athletinnen und Athleten klar anzusehen. 120 Ehrenamtliche sorgen dafür, dass die Veranstaltung reibungslos abläuft. Gefühlt alle Vereinsabteilungen packen mit an. Auf den Teamwettkampf folgt dann der Einzelwettkampf. Erstmals wird in Haard die Bayerische Meisterschaft im sogenannten „Open Heavy“ ausgetragen. Insgesamt gibt es mehr als 50 verschiedene Disziplinen – fünf davon stehen hier auf dem Programm.
„Das sind fünf ganz alte Sportarten. Beginnend mit dem Steinstoßen, wo ein Stein gestoßen wird, woraus sich später das olympische Kugelstoßen entwickelt hat. Wir haben den Gewichteweitwurf, wo ein schweres Gewicht aus zwei Körperdrehungen geworfen wird. Daraus haben sich diverse olympische Weitsportarten entwickelt, unter anderem der olympische Hammerwurf. Wir haben den schottischen Hammerwurf, da wird ein 1,27 Meter langer Hammer mit einem 10 Kilogramm schweren Eisengewicht geworfen aus dem Stand heraus.“, so Stickelbrock.
Wie bei den meisten Disziplinen haben die Sportlerinnen und Sportler hier drei Versuche, von denen der beste für die Wertung zählt.
„Wir haben den Gewichthochwurf, wo eine 19-25 Kilgramm schweres Gewicht über eine Latte geworfen wird. Und wir haben die schottischste aller Disziplinen: Wir haben den Caber-Toss, den Baumstammüberschlag, wo es darum geht, einen großen schweren Baum so zu werfen, dass er sich einmal überschlägt und möglichst gerade liegen bleibt.“, so Stickelbrock weiter.
Ehrgeizige Sportlerinnen und Sportler trainieren übrigens mehrmals in der Woche in ihrem Verein. Wer hoch hinaus will, hat trotz der wortwörtlich starken Konkurrenz gute Chancen. Bei Olympia wird man aber wohl keine Kraftprotze im Kilt sehen.
„Die Verantwortlichen des Sportverbandes wurden schon mehrmals gefragt, ob sie nicht Interesse hätten ins olympische Programm hineinzukommen. Und ich fande eine ganz typisch schottische Antwort, sehr charmant. Man hat nämlich gesagt: Warum sollen wir bei euch mitmachen? Wir haben eine viel längere Tradition als ihr mit eurem Olympia. Ihr seid auch sehr stark kommerzialisiert, was uns persönlich nicht so schmeckt. Und darum verbleiben sie so ein bisschen eine eigene Sportgemeinschaft.“, erzählt uns Jürgen Stickelbrock, Präsident des Deutschen Highlandgames Verbandes.
Das passt ja auch viel besser zum „Spirit“ der Highland Games. Selbst Athleten, die im direkten Wettkampf miteinander stehen, helfen und feuern sich gegenseitig an. Denn das Miteinander ist das, was hier eigentlich zählt.