In Würzburg hat die Zahl der Hitzetage mit 30 Grad und mehr in den letzten Jahren stark zugenommen: In den 60er/70er und 80er Jahren waren es rund 7 Tage jährlich. In den letzten 30 Jahren waren es durchschnittlich 14 Hitzetage jährlich im Raum Unterfranken. Professor Heiko Paeth, Klimaforscher an der Universität Würzburg, rechnet damit, dass sich die Zahl der Hitzetage bis Ende dieses Jahrhunderts noch einmal verdoppeln wird. Grund dafür: der menschengemachte Klimawandel. „Wenn wir ungebremst weitermachen und zwar global ungebremst weitermachen, erwarten wir in unserer Region einen Temperaturanstieg um die 4 ½ Grad und einen Rückgang der Sommerniederschläge um bis zu 30 Prozent“, so Prof. Heiko Paeth.
Der sogenannten Wärmeinseleffekt ist in Innenstädten häufig zu beobachten. In Würzburg ist er besonders ausgeprägt. Gründe dafür sind die dichte Bebauung und der hohe Grad der Versiegelung in der Innenstadt. „Dadurch kann sich die Wärme gut halten und vor allem in den Nächten zu diesen Wärmeinseleffekten führen“, sagt Annett Rohmer, Stabsstelle Klima und Nachhaltigkeit bei der Stadt Würzburg. So kann es in der Würzburger Innenstadt bis zu 8 Grad wärmer sein, als im Umland – und das gerade in den Abendstunden, wo Abkühlung wichtig wäre, so ein Ergebnis des Projektes „Klimaerlebnis Würzburg“ der Universität Würzburg. Klimaforscher Christian Hartmann: „Das ist für die Menschen ein bedeutender Unterschied, ob sie bei 30 Grad in Innenstadt oder 22 Grad im Umland von Würzburg ihre Fenster aufmachen und ihr Schlafzimmer lüften möchten. Wir können feststellen, dass Hitzebelastung in der Innenstadt, nachts, wenn Abkühlung gebraucht wird, deutlich höher ist als im Umland.“
Die andauernde Hitzebelastung kann ernsthafte gesundheitliche Folgen haben, auch das ist wissenschaftlich bewiesen worden. Würzburg war als Pilotkommune beim Projekt „ExTrass“ dabei. Untersucht wurde die urbane Resilienz gegenüber Extremwetterereignissen. In diesem Rahmen wurde festgestellt, dass an besonders heißen Tagen die Einsatzzeiten der Rettungsdienste in Würzburg gestiegen sind, was einen Hinweis auf den Einfluss von Hitze auf gesundheitsrelevante Ereignisse gibt.
Hitze kann den gesamten Körper belasten, erklärt Verena Walter, Geschäftsführerin der Gesundheitsregion Plus von Stadt und Landkreis Würzburg: „Sie kann Organe in Mitleidenschaft ziehen, z.B. Herz, Kreislauf, Nieren, Gehirn. Vorerkrankungen wie Asthma COPD werden bei Hitze verstärkt.“ Auch bei gesunden Menschen gibt es Anzeichen für Überlastung durch Hitze. Das kann sich mit Kopfschmerzen, Müdigkeit, Konzentrationsschwäche zeigen, bis hin zur Erschöpfung, Krämpfen, Verwirrtheit, hohes Fieber und Bewusstlosigkeit.
Im Rahmen des Forschungsprojektes Klimaerlebnis Würzburg haben Forscher 8 Mess-Stationen in Würzburg aufgebaut. Hier werden exemplarisch Bäume ausgewählt, deren Zustand laufend erfasst wird, aber auch Daten aus der Umgebung erhoben werden, z.B. Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Unter www.klimaerlebnis.de stehen diese Daten in Echtzeit der Öffentlichkeit zur Verfügung. Grün in der Innenstadt hat besondere Bedeutung, insbesondere Bäume. Sie haben einen Kühleffekt durch Schatten und Verdunstung. Diesen Effekt konnten die Forscher messen in einem Temperaturunterschied von 4 Grad Celsius an heißen Sommertagen. „Wir konnten feststellen, dass Bäume gewisse Voraussetzungen benötigen. Zum einen ausreichend Wurzeln und der Boden muss genügend Wasser und Nährstoffe haben, damit Bäume ihrer Kühlwirkung nachkommen können“, sagt Klimaforscher Christian Hartmann von der Universität Würzburg.
In einer aktuellen Studie haben er und andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler herausgefunden, dass in Städten ein Begrünungsanteil bei 35 Prozent nötig ist, um die Hitzebelastung nachhaltig senken zu können.
Bei der Bauleitplanung in Würzburg wird das Thema Hitze immer „mitgedacht“, z. B. im Bereich Fassaden- oder Dachbegrünung, aber auch, was den Standort angeht. Dazu zieht der Fachbereich Klima und Nachhaltigkeit die sogenannte Klimafunktionskarte heran. Sie zeigt, wo Bereiche sehr heiß oder überhitzt sind und wo Frischluft entsteht.
Studien wie das „Klimaerlebnis Würzburg“ liefern der Stadtverwaltung wichtige Informationen, zum Beispiel für neue Bauvorhaben. Außerdem wird im Planungsprozess auch die Klimafunktionskarte herangezogen. Sie zeigt, wo in Würzburg die Hot-Spots sind:
Die Erkenntnisse aus der Klimaforschung bilden sich auch in der Verkehrsplanung der Stadt Würzburg ab. Ein zentraler Punkt: Parkplätze an der Oberfläche sollen zugunsten von kühlender Stadtbegrünung weichen. Klimabürgermeister Martin Heilig: „Der Stadtrat hat ein großes Beschlusspaket schon beschlossen: „Besser leben im Bischofshut“. (…) Oberflächenparkplätze wollen wir wegnehmen und nach außen verlagern. Dort wollen wir erst neue Parkhäuser bauen, so dass auch jede und jeder, der mit dem Auto unterwegs sein muss, seinen Parkplatz findet. Aber hier drinnen wollen wir die Parkplätze wegnehmen, wir wollen begrünen (…) um die Lebensqualität in unserem schönen Würzburg auch an heißen Tagen zu erhalten.“
In diesem Zusammenhang steht auch die von der Stadt Würzburg geplanten Bewirtschaftung des Parkplatzes Talavera. „Damit wird ein Anreiz geschaffen, zumindest nicht ewig lang dort zu parken. Diese Dauerparker blockieren ja auch Parkplätze für andere Leute. Und es gibt auch einen Anreiz eben umzusteigen auf Bus und Bahn“, so Martin Heilig. Die Würzburger Bürgerinnen und Bürger können am 24. Juli 2022 über eine mögliche Bewirtschaftung des Talavera-Parkplatzes abstimmen.
Alle Maßnahmen, die zum Schutz der Bevölkerung vor Hitzebelastung dienen, werden im Hitzeaktionsplan gebündelt und ständig weiterentwickelt und angepasst. Er soll die Menschen für das Thema sensibilisieren, aber auch konkrete Projekte aufweisen. So sind zum Beispiel Workshops für Mitarbeiter_innen sozialer Einrichtungen geplant, „was natürlich ganz wichtig ist, weil die nah an vulnerablen Personengruppen dran sind und es wichtig ist, dass da ein guter Umgang mit Hitze erfolgt“, sagt Verena Walter, Gesundheitsregionplus Stadt und Landkreis Würzburg