In Deutschland können wir uns über ein starkes zivilgesellschaftliches Engagement im Namen der Demokratie freuen. Und damit das auch so bleibt, hat das Bundesfamilienministerium 2015 das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ in Gang gesetzt. Anknüpfend an vorige Programme sollen hiermit genau die Menschen finanziell unterstützt werden, die sich für Extremismusprävention und Demokratieförderung einsetzen. Würzburger Projekte konnten lange Zeit von diesen Geldern profitieren – doch damit ist jetzt wohl erstmal Schluss.
Wer Demokratie als selbstverständlich ansieht, liegt definitiv falsch. Sie muss jeden Tag aufs Neue gelebt, gestaltet und geschützt werden. Und das geschieht in erster Linie durch engagierte Bürgerinnen und Bürger. Über das bundesweite Programm „Demokratie leben!“ können diese Menschen bei der Stadt Fördergelder für ihre Projekte beantragen. Neben anderen bayerischen Städten ist nun aber auch Würzburg nicht mehr auf der Förderliste für die anstehende, siebenjährige Förderperiode ab 2025. Hier werden dann jährlich rund 160.000 Euro fehlen. Eine Hiobsbotschaft, mit der Würzburgs Sozialreferentin Hülya Düber nicht gerechnet hatte. In den letzten 13 Jahren gab es immer eine Förderzusage, sodass viele Gelder an verschiedene Projekte ausgeschüttet werden konnten. Insbesondere in der aktuellen Zeit nehme die Bedeutung dieser Projekte zu, so Düber.
Ungünstig war natürlich, dass die Nachricht erst so kurz vor Jahresende eingetroffen ist, nachdem die Planungen im Sozialbereich für das neue Jahr eigentlich schon abgeschlossen waren. Besonders überraschend auch die Art und Weise der Inkenntnissetzung: Ein dreizeiliger Text ohne weitere Begründung. Bei weiterem Nachhaken kam die Erklärung, dass die Gelder künftig verstärkt im ländlichen Raum ausgeschüttet werden sollen. Die Sozialreferentin würde sich zumindest wünschen, dass die Kommunen, welche bereits Netzwerkstrukturen aufgebaut haben, mit einem Sockelbetrag bedacht werden.
Über solch einen Sockelbetrag würde sich etwa auch die Würzburger Woche gegen Rassismus freuen, die letztes Jahr mit dem Würzburger Friedenspreis ausgezeichnet wurde. Über „Demokratie leben!“ konnte die Initiative Fördermittel von 8.000 Euro beziehen – für sie ein essentieller Teil der Finanzen. Dass das nun wegfallen soll, trifft die Beteiligten schwer. Für Mitinitiator Barış Yüksel war die Förderung eine sehr niedrigschwellige Ebene, Projekte schnell zu realisieren. Zudem glaubt er, dass sich das Stadtbild künftig verändern wird, da viele Projekte wegfallen. Ein anderes Beispiel ist etwa der Verein QueerPride Würzburg, welcher unter anderem den Christopher Street Day organisiert. Auch hier nimmt man das Fehlen der Gelder mit Bedauern hin – laut Vorstand David Hein hinterlässt dies eine große Lücke. Für das kommende Wahljahr hatte sich der Verein vorgenommen, mehr politische Präsenz zu zeigen. Für eine angedachte Podiumsdiskussion müssen nun andere Lösungen der Förderung her.
Ganz hat man „Demokratie leben!“ in Würzburg für die kommenden Jahre aber noch nicht aufgegeben: Oberbürgermeister Christian Schuchardt hat nun gemeinsam mit Amtskollegen aus anderen betroffenen Städten an das Bundesfamilienministerium geschrieben. Mit der Hoffnung zumindest einen niedrigen Betrag zu erhalten, auf den man dann kommunal aufbauen könnte.