Im Juli gingen in Aschaffenburg die 25. Kulturtage zu Ende – 10 Tage lang gab es hier Kunst aus verschiedenen Bereichen zu bestaunen. Eine Aktion stach dabei aber besonders auf Grund ihrer Größe heraus: In der Erlenmeyerstraße verwandelte eine Streetart-Künstlerin eine triste Hauswand in ein 14 Meter hohes Kunstwerk. Anlässlich des 75. Jubiläums der Stadtbau Aschaffenburg erschafft ebendiese Künstlerin nun ein weiteres Wandgemälde dieser Größenordnung.
Sorgfältig wird die Hauswand in der Ulmenstraße mit Farbe benetzt. Von Nahem wirkt es vielleicht zuerst etwas konfus und es scheint schwer erkennbar, was hier genau entsteht. Doch aus ein paar Schritten Entfernung offenbart sich dem Betrachter ein größeres Bild: Ein Kind in der Hocke, dessen Haupt von einem Rabenkopf bedeckt ist. Das Mural, so nennt man ein großflächiges Wandgemälde, entspringt aus der Hand von Künstlerin Hera. Jasmin Siddiqui, wie die Frankfurterin mit bürgerlichem Namen heißt, gehört zur Crème de la Crème der Streetart-Szene. Nach einem Studium an der Kunsthochschule ist sie mit ihrer Kunst in den Metropolen der Welt unterwegs und macht sich nach und nach einen Namen.
Da es am ersten Termin zu stark regnet, muss Hera ihr Werk einige Tage später fortführen. Das gehört bei solchen Arbeiten im Freien eben dazu. Willkürlich ist das Motiv hier nicht gewählt – die Künstlerin will mit dieser Arbeit auf die Inklusion von verschiedensten Charakteren und das Aufbrechen von Rollenbildern hinweisen. Die scheinbar gegensätzlichen Tiere Fuchs und Rabe leben hier gemeinsam unter einem Dach und akzeptieren sich. In Heras Werken ist die Fusion aus Mensch und Tier ein wiederkehrendes Thema. Mit ihren Bildern lenkt sie die Aufmerksamkeit auf die Orte, die sonst möglicherweise übersehen werden. Hera möchte, dass sich die Leute, die dort leben, gerne damit identifizieren. Der eigene Stil der Künstlerin ist in ihren Schöpfungen deutlich zu erkennen. Mit ihrer Arbeitsweise weicht Hera von der Norm ab. Sie fertigt keine Skizze an, sondern legt direkt mit Sprühdosen und einer Teleskopstange mit Malerrolle los.
Mit Blick auf ihr 75-jähriges Jubiläum hatte die Stadtbau Aschaffenburg das Wohnhaus für die Kunstaktion zur Verfügung gestellt. Das Gebäude wurde in den 50er-Jahren errichtet und erstrahlt nun in neuem Glanz. Ist dann das Klappern der Sprühdosen einmal verklungen und die Hebebühne abgebaut, bleibt die große Kunst den Aschaffenburgern für viele Jahre erhalten. Und auch nach langer Zeit wird sie noch für den ein oder anderen neugierigen Blick sorgen.