Über das Jahr verteilt präsentiert das Siebold-Museum auf dem Bürgerbräugelände in Würzburg zahlreiche Ausstellungen und Vorträge zu diversen Themen rund um Japan. Häufig reist man hierbei weit in der ereignisreichen japanischen Geschichte zurück. In einer neuen Ausstellung steht jedoch eher die Neuzeit im Fokus – gepaart mit einem Hauch von Nostalgie.
„Manga – Gundams – Punkrock-Katzen“. Im Siebold-Museum in Würzburg gibt es aktuell eine Ausstellung zu bestaunen, die hier ein bisschen aus der Reihe fällt. Denn das Bunte, Süße und auch etwas Verrückte steht in starkem Kontrast zu der von Traditionen geprägten japanischen Kultur. Die Ausstellung kam überhaupt erst zustande, weil eine andere ausgefallen war, erzählt Andreas Mettenleiter von der Siebold-Gesellschaft. Man habe jemanden gefunden, der mithilfe von Künstlicher Intelligenz Fotos von Punkern aus Harajuku, einem Szeneviertel von Tokyo, verfremdet, indem er ihnen Katzenköpfe aufsetzt, so Dr. Andreas Mettenleiter, 2. Vorsitzender Siebold-Gesellschaft.
Anfangs noch als Experiment gedacht, hatte das Schaffen von Kunst unter der Verwendung von Künstlicher Intelligenz den Darmstädter Medienpädagogen und Illustrator Jan Rathje so sehr begeistert, dass er seine Arbeit über drei Jahre hinweg weiterentwickelt hat. Mittlerweile nutzt er eigene Fotografien aus Tokio und kombiniert diese gezielt mit passenden KI-Katzen. Ausschließlich Punkrock-Katzen reichten aber nicht für eine Ausstellung, also wurden die Katzen mit den sogenannten Gundams kombiniert. Basierend auf einem Anime aus den 80er-Jahren hatte sich dieses Sci-Fi-Universum kontinuierlich vergrößert, sodass später etwa auch Kinofilme, Modellbausätze und Videospiele produziert wurden. Im Fokus stehen dabei gigantische, menschengesteuerte Kampfmaschinen. Eine besondere Nische der Pop-Kultur, die auch heute noch Menschen weltweit begeistert. Wie groß die Faszination der Gundams im wahrsten Sinne des Wortes ist, wird bei einem 18 Meter hohen, beweglichen Riesenroboter deutlich. Dieser wurde 2020 im Hafen von Yokohama errichtet und gilt seitdem als echter Touristenmagnet.
Komplettiert wurde die Ausstellung dann mit Werken der Berliner Mangazeichnerin Inga Steinmetz, die schon seit 20 Jahren in der Branche aktiv ist. Wie viele andere Mangaka auch hatte Steinmetz als Fan begonnen und sich dann mit viel Ausdauer zu einer der renommiertesten Verlagszeichnerinnen Deutschlands hochgearbeitet. Wenn sie nicht gerade an einem ihrer Bücher sitzt oder einen Workshop gibt, zeigt sie ihre Kunst in Ausstellungen wie der in Würzburg. Für sie sei das besonders schön, das sie so in direkten Kontakt mit ihren Fans treten und deren Reaktionen erleben könne.
Ein bedeutender Teil ihrer Arbeit dreht sich um die Leseförderung sowie das Erlernen der japanischen Sprache. Ihre Bücher wurden bereits in mehrere Sprachen übersetzt. Wie herausfordernd das Leben als Analphabet sein kann, macht die Künstlerin etwa mit ihrer Figur Feli deutlich. In der Katzen-Großstadt Kitty-City fühlt sich das Mädchen verloren. Sie kann die dortige Pfotensprache weder lesen noch schreiben – und gerät so in diverse brenzlige Situationen. Eine Analogie zur realen Welt. Wenn Inga Steinmetz ein neues Projekt anfängt, hat sie oft schon den Anfang und das Ende im Kopf. Dann gilt es, diese beiden Punkte zu verbinden.
„Ich mache das ganz gerne so, dass ich das Storyboard, also den groben Verlauf der Geschichte aufzeichne, meistens sehr sehr klein. Also manchmal nicht größer als eine Briefmarke. Und so zeichne ich den ganzen Manga-Band in Briefmarkenform schon auf, also alle 128 Seiten, und die lese ich dann so lange bis ich das Gefühl habe: Der Spannungsbogen stimmt, die Charaktere verhalten sich schlüssig, die Geschichte macht Spaß“, so die Mangaka Inga Steinmetz.
Erst wenn das Grundgerüst steht macht sich Steinmetz an die nächsten Schritte. Dann geht es von einer detaillierten Zeichnung zum Tuschen oder selten auch Colorieren und zuletzt erfolgt die Digitalisierung mit Hilfe eines Scanners. Ihren Stil beschreibt die Künstlerin als reduziert, aber auch lebendig. Ansonsten mag sie es bunt, niedlich und gerne auch mit Katzen. Genretechnisch geht die Zeichnerin aber auch in verschiedene Richtungen – so beispielsweise bei ihrer Interpretation von Grimms Märchen „Brüderchen und Schwesterchen“. Die Ausstellung in Würzburg zeigt einen guten Querschnitt der Arbeiten – noch bis zum 29. August haben Interessierte Zeit, sich das ganze anzuschauen. Die Ausstellung Manga/Gundams/Punkrock Katzen ist definitiv einen Besuch wert – zeigt sie doch spannende Einblicke in Japans etwas andere Seite.