Der Mindestlohn in Deutschland steigt ab 1. Oktober 2022 auf 12 Euro/Stunde. Beschäftigte im Niedriglohnsektor werden davon profitieren. Zum Niedriglohnsektor gehören z.B. Handel, Gastronomie, Landwirtschaft, Logistik. Paketboten, die Servicekraft auf dem Volksfest, Lesehelfer im Weinberg haben dann also mehr in der Tasche. In Unterfranken profitieren nach Angaben des DGB 92865 Beschäftigte von der Anhebung des Mindestlohnes.
In Deutschland zählen rund 6 Millionen Menschen zu den Beschäftigten im Niedriglohnsektor. Das heißt, sie verdienen bei Vollzeit-Erwerbstätigkeit weniger als 2200 Euro brutto / Monat. Als Grund für den großen Niedriglohnsektor in Deutschland sehen Gewerkschaftsvertreter die Agenda 2010 der Regierung Schröder, die mit der Aufhebung der Tarifbindung die Tür für den Niedriglohnsektor weit aufgemacht habe.
Frank Firsching, DGB Regionsgeschäftsführer Unterfranken erinnert in Mainfranken Talk an die drei Versprechen der Sozialen Marktwirtschaft: die Absicherung durch die Sozialversicherung, die Arbeitnehmerrechte und die Zusicherung, dass bei Vollerwerbstätigkeit der Lohn zum Leben reicht. Der letzte Punkt ist bei vielen Beschäftigten im Niedriglohnsektor häufig nicht erfüllt. Sie arbeiten auch noch in ihrer Freizeit, verdienen sich möglicherweise schwarz etwas hinzu oder beziehen zusätzlich Sozialleistungen wie Wohngeld.
Dass die Anhebung des Mindestlohnes auf 12 Euro /Stunde zu Lasten der Unternehmen gehen könnte, die dann Beschäftigte entlassen müssen, weil die Lohnkosten zu hoch sind, sie ver.di Gewerkschaftssekretär Peter König nicht. Steigerungen des Mindestlohnes in der Vergangenheit hätten sich nicht nachteilig auf den Arbeitsmarkt ausgewirkt und zu mehr Kaufkraft in der Bevölkerung geführt.
Die Gewerkschaften befürworten eine Rückkehr zur Tarifbindung, was zu einem höheren Lohnniveau in vielen Branchen führt – laut DGB zwischen 300 – 500 Euro mehr pro Monat. Die Tarifbindung sei auch für die Unternehmen Wettbewerbsregularium, da sich Betriebe keine Vorteile mehr durch Lohndumping verschaffen könnten.
Eine neue EU-Richtlinie vom Juni 2022 sieht vor, dass EU-Mitglieder Aktionspläne aufstellen, um die Tarifbindung zu steigern, wenn deren Quote unter 80 Prozent liegt (Quelle: Haufe.de). Da die Tarifbindung in Deutschland bei nicht einmal 50 Prozent liegt, sind hier Schritte des Gesetzgebers zu mehr Tarifbindung zu erwarten. Das Ziel: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der EU sollen durch angemessene Mindestlöhne einen angemessenen Lebensstandard haben.