Neun Monate nach der tödlichen Messerattacke im Aschaffenburger Schöntal-Park hat heute der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter begonnen. Der Fall hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt – nicht nur wegen der grausamen Tat selbst, sondern auch, weil schnell Fragen nach möglichen Fehlern der Behörden laut wurden. Viele Angehörige und Bürger hoffen nun, dass das Verfahren Antworten liefert und aufklärt, ob die Tragödie hätte verhindert werden können.
Ein friedlicher Vormittag im Aschaffenburger Schöntal-Park Mitte Januar: Zwei Erzieherinnen sind mit einer Kita-Gruppe unterwegs, als plötzlich ein Mann mit einem Messer auf sie losgeht. Zwei zweijährige Kinder werden schwer verletzt, ein Junge stirbt noch am Tatort. Ein 41-jähriger Helfer, der eingreifen will, verliert ebenfalls sein Leben. Auch eine Betreuerin und ein älterer Passant werden schwer verletzt, bevor die Polizei den Täter festnehmen kann. Neun Monate später steht der mutmaßliche Angreifer nun vor dem Landgericht Aschaffenburg – angeklagt wegen Mordes, versuchten Mordes und weiterer Delikte.
„Am heutigen ersten Verhandlungstag vor dem Landgericht Aschaffenburg hat sich der Beschuldigte über seinen Verteidiger zur Tat eingelassen und die Tat eingeräumt. Auch wenn das Motiv von ihm selbst nicht angegeben werden konnte“, so Felicitas Behütuns, Richterin und Pressesprecherin des Landgerichts Aschaffenburg.
Zum Prozessauftakt gelten höchste Sicherheitsvorkehrungen. Der mutmaßliche Täter, ein 28-jähriger afghanischer Flüchtling, war ausreisepflichtig und der Polizei bereits bekannt. Schon vor der Tat war er mehrfach auffällig geworden – unter anderem in seiner Unterkunft in Alzenau, wo er seine damalige Freundin gewürgt und bedroht haben soll. Auch dieser Fall ist Gegenstand des Prozesses. Zum Zeitpunkt der Tat hätte der Mann zudem eine Ersatzhaftstrafe antreten müssen. Kritiker werfen Polizei und Justiz daher Versäumnisse vor: Eine konsequentere Umsetzung von Haft- oder Abschiebemaßnahmen hätte die Tat womöglich verhindern können. Einen terroristischen Hintergrund schließen die Ermittler aus. Das Motiv bleibt unklar – der Täter kannte seine Opfer nicht. Laut Kriminalpolizei handelte es sich um Zufallsopfer.
Die Ermittler gehen inzwischen davon aus, dass der Mann psychisch krank ist.
„Nach dem eingeholten psychiatrischen Sachverständigengutachten geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der Beschuldigte an einer paranoiden Schizophrenie leidet und zum Tatzeitpunkt schuldunfähig war. Das heißt, ihm fehlte die Fähigkeit, das Unrecht seiner Taten einzusehen. Der Gutachter geht davon aus, dass die psychiatrische Erkrankung nicht nur vorübergehend ist und dass unbehandelt auch in Zukunft weiterhin mit schweren Straftaten, mit hoher Aggressivität zu rechnen wäre“,
so Felicitas Behütuns, Pressesprecherin des Landgerichts.
Da der Beschuldigte als schuldunfähig gilt, handelt es sich um ein sogenanntes Sicherungsverfahren. Die Staatsanwaltschaft strebt seine dauerhafte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Der Ablauf des Prozesses ähnelt dennoch einem regulären Strafverfahren: In einer umfangreichen Beweisaufnahme sollen Tatablauf, Hintergründe und psychischer Zustand des Beschuldigten rekonstruiert werden. Dafür sind sechs Verhandlungstage bis zum 30. Oktober angesetzt.
„Am Ende des Sicherungsverfahrens steht möglicherweise aber keine Bestrafung des Beschuldigten, sondern seine dauerhafte unbegrenzte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, um die Öffentlichkeit weiterhin vor ihm zu schützen“, erklärt Felicitas Behütuns, Richterin und Pressesprecherin des Landgerichts Aschaffenburg.
Die Tat hat tiefe Wunden hinterlassen – bei den Angehörigen, den Rettern und in der gesamten Stadt. Der Prozess in Aschaffenburg soll nun viele offene Fragen beantworten. Ob allerdings die Frage nach dem „Warum“ jemals abschließend geklärt werden kann, bleibt abzuwarten.