Versorgungslücken auf dem Land – ein Begriff, der längst Realität ist. Vor allem kleinere Krankenhäuser kämpfen ums Überleben und auch Arztpraxen kämpfen mit Nachfolgeproblemen. Dabei braucht es gerade in ländlichen Regionen kluge Konzepte, um Patientinnen und Patienten weiterhin gut zu versorgen – besonders in der Psychiatrie. Denn psychische Erkrankungen nehmen zu und Hilfe in der Nähe wird dringend gebraucht. Wie wohnortnahe Versorgung funktionieren kann, zeigt ein neues Angebot am Thoraxzentrum in Münnerstadt.
Fast drei Millionen Menschen in Bayern und damit rund ein Viertel der Bewohnerinnen und Bewohner leben mit einer diagnostizierten psychischen Erkrankung – das zeigt der zweite bayerische Psychiatriebericht. Doch wer Hilfe sucht, muss vielerorts lange warten: Vor allem in ländlichen Regionen vergehen Wochen bis Monate, ehe ein Behandlungsplatz frei wird. Ein Schritt, um dem entgegenzuwirken, ist die Eröffnung der neuen Psychiatrischen Institutsambulanz, kurz PIA, am Thoraxzentrum in Münnerstadt.
„Gerade im ländlichen Raum im nördlichen Unterfranken schließen viele Praxen, finden keine Nachfolger. Und die psychiatrische Versorgung war nicht optimal. Und deshalb waren wir froh, dass es gelungen ist, hier im eigenen Haus, im Thoraxzentrum in Münnerstadt, dieses Angebot der PIA, der Psychiatrischen Institutsambulanz, zu machen, damit die Menschen wohnortnah in ihrer gewohnten Umgebung auch versorgt werden. Es ist unwahrscheinlich wichtig in der heutigen Zeit.“, freut sich Bezirktstagspräsident Stefan Funk.
Doch der Weg bis zur Eröffnung war nicht einfach. Zunächst war ein Standort in einem urbaneren Umfeld im Gespräch. Doch im Laufe der Planungen zeigte sich: Die Anbindung an das bestehende Thoraxzentrum in Münnerstadt bietet zahlreiche Vorteile. Denn sowohl das Lungenzentrum, als auch die neue Institutsambulanz – eine Erweiterung des Krankenhauses Schloss Werneck – sind Einrichtungen des Bezirks. So lassen sich personelle und materielle Ressourcen effektiv bündeln – ein Synergieeffekt, von dem letztlich die Patientinnen und Patienten profitieren.
Neben einer fachärztlicher Versorgung gibt es mit der PIA in Münnerstadt nun psychologische und psychotherapeutische Leistungen, pflegetherapeutische Angebote, sowie Unterstützung durch Sozialarbeiterinnen und Sozialpädagogen – etwa bei Fragen zur beruflichen Wiedereingliederung oder zur Organisation von Alltagshilfen. Ergänzt wird das Team durch Spezialtherapeuten, etwa für Ergo- oder Kunsttherapie. Und auch wer genau von dem neuen Angebot profitiert, ist klar geregelt.
„Vorgegeben ist, dass Patienten, die aufgrund von Art, Dauer und Schwere der Erkrankung eine intensivere Behandlung benötigen, dort behandelt werden sollen. Oder Patienten, die in der klassischen Vertrags- / gesetzlichen Versorgung nicht behandelt werden können, weil zum Beispiel dort die Kapazitäten erschöpft sind. Die können in einer PIA behandelt werden und Art, Dauer und Schwere der Erkrankung bedeutet über den psychischen Erkrankung, dass spezifische Störungen, zum Beispiel eine schwere Depression oder eine Schizophrenie oder eine Suchterkrankung, das sind in der Regel Erkrankungen, die zu schweren Funktionsbeeinträchtigungen und Leidensdruck führen, nicht so gut oder nicht vollumfänglich in einer Praxis behandelt werden können, sondern solche Patienten kommen dann auch in eine psychiatrische Institutsambulanz.“ so Maximilian Gahr, Ärztlicher Direktor am Krankenhaus Schloss Werneck.
Auch die Patientinnen und Patienten des Thoraxzentrums selbst profitieren von der neuen Einrichtung, betont Bernd Seese, Ärztlicher Direktor am Zentrum. Denn schwere körperliche Erkrankungen wie Krebs oder eine Langzeitbeatmung gehen häufig mit psychischen Belastungen einher. Und selbst in der Schlafmedizin haben viele Menschen weniger mit körperlichen, als vielmehr mit psychischen Ursachen zu kämpfen. Die neue Einrichtung ist damit ein wichtiger Baustein, um psychisch erkrankten Menschen in der Region Unterfranken einen besseren Zugang zu wohnortnaher, umfassender Versorgung zu ermöglichen – und ein Signal dafür, dass psychische Gesundheit endlich den Stellenwert erhält, den sie verdient.