Die katholische Kirche ist einer der größten Arbeitgeber in Deutschland. Rund 800.000 Mitarbeitende sind bei katholischen Einrichtungen angestellt, die meisten davon bei der Caritas, viele aber auch in Pfarrgemeinden, Sozialstationen, Krankenhäusern, Schulen und Kindergärten. Bislang hat die katholische Kirche das Angestelltenverhältnis mit bestimmten Pflichten verknüpft. Diese gingen weit über das hinaus, was normale Arbeitgeber von ihren Mitarbeitern verlangen dürfen.
In einer Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands in Würzburg haben die 27 Diözesanbischöfe am Dienstag eine Neufassung der „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ beschlossen. Sie löst die Grundordnung vom 27. April 2015 ab, die nach einigen Jahren einer Evaluation unterzogen wurde. Die Religionszugehörigkeit ist nach neuem Recht nur dann ein Kriterium bei der Einstellung, wenn sie für die jeweilige Position erforderlich ist. Explizit wie nie zuvor wird Vielfalt in kirchlichen Einrichtungen als Bereicherung anerkannt. Auch Mitarbeitern die sich scheiden lassen und neu heiraten oder in einer homosexuellen Partnerschaft leben, droht beim katholischen Arbeitgeber nun nicht mehr die Kündigung.
Ende Januar sind 125 Mitarbeitende der katholischen Kirche in Deutschland an die Öffentlichkeit gegangen und haben sich in einer beispiellosen, gemeinsamen Initiative als nicht heterosexuell geoutet. Die Aktion unter dem Motto „OutInChurch – Für eine Kirche ohne Angst“ schlug große Wellen, zahlreiche weitere Mitarbeitende schlossen sich an, wollten sich nicht länger verstecken. Im Rahmen einer Petition wurden rund 120.000 Unterschriften gesammelt und bei der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz im März übergeben. „Out in Church“ hat damit dazu beigetragen, die Neufassung des kirchlichen Arbeitsrechts zu beschleunigen. Die Erleichterung dürfte also bei vielen Mitarbeitenden der katholischen Kirche groß sein.
Für die Umsetzung der Neufassung des kirchlichen Arbeitsrechts ist jeder Bischof in seinem Bistum selbst verantwortlich. Im Bistum Würzburg soll dies im ersten Quartal 2023 erfolgen.