Die geplante Straßenbahnlinie 6 zum Würzburger Hubland sorgt seit Jahren für hitzige Debatten – das zeigte sich auch am Dienstagabend bei einer Veranstaltung des Arbeitskreises „Agenda 21“. Rund 250 Würzburgerinnen und Würzburger kamen, um sich über den aktuellen Stand der Planungen zu informieren und die Positionen der vier OB-Kandidierenden zu erfahren.
Seit Jahrzehnten diskutiert Würzburg über eine bessere ÖPNV-Anbindung für das Frauenland und das Hubland. Die Erweiterung war ursprünglich für die Landesgartenschau 2018 geplant, doch Finanzierungsfragen und zahlreiche Einwände führten zu langen Verzögerungen. Jetzt steht die nächste Entscheidung an: Wird die Linie 6 als Straßenbahn realisiert – und wenn ja, wann? Oder setzt die Stadt auf ein Elektrobus-System? Die Agenda 21, eine ehrenamtliche Initiative für nachhaltige Mobilität, hat sich intensiv mit den Optionen befasst und unterstützt klar den Bau der Straßenbahn.
„Aus einem ganz einfachen Grund, wir operieren nicht im luftleeren Raum, sondern es gibt eine Alternative, die in jedem Fall zum Zug kommen muss. Wenn die eine Lösung ausfällt, wenn wir also keine Straßenbahn bauen, dann müssen wir ein anständiges Elektrobussystem aufbauen. Das ist unter dem Strich nach sorgfältiger Analyse um 30 bis 40 % teurer und bringt nicht den Nutzen, den die Straßenbahn bringen wird. Es ist davon auszugehen, dass sich die Elektrobustechnologien in Zukunft sicher noch entwickeln. Aber wir können keine 20 Jahre mehr warten, bis ein Gelenkbus vielleicht dann die gleiche Tagesleistung erbringen kann wie ein Dieselbus. Und bis dahin ist es eben einfach keine Alternative, weil die Linie 6 in einem Bereich spielt mit prognostiziert 28 – 29.000 Fahrgästen, wo das System Bus, egal wie die Busse angetrieben werden, einfach überfordert ist und damit zu teuer wird.“, so Thomas Naumann, Sprecher des Arbeitskreises Agenda 21.
Bei der Podiumsdiskussion machte der Sprecher der Agenda 21 darauf aufmerksam, dass in der bisherigen Debatte wichtige Aspekte unberücksichtigt geblieben seien. So sei der Busbahnhof aus dem Jahr 1955 mit über 1.000 täglichen Abfahrten längst überlastet. Nach aktuellen Richtlinien wären rund 40 Bussteige erforderlich, was in der bestehenden Infrastruktur nicht umsetzbar sei. Ein barrierefreier Umbau müsste die Fläche des Busbahnhofs auf das Drei- bis Vierfache vergrößern, um Fördermittel zu erhalten – mit der Folge, dass ein erheblicher Teil des Ringparks weichen müsste. Durch den Bau der Hubland-Straßenbahn könnte die Auslastung des Busbahnhofs laut Agenda 21 jedoch um ein Drittel bis zur Hälfte sinken. Dadurch ließe sich ein neuer, barrierefreier Busbahnhof innerhalb der bisherigen Fläche realisieren, der den verbleibenden Linien ausreichend Platz bietet. Darüber hinaus kritisierte die Agenda 21 einen weiteren zentralen Punkt:
„Wenn wir eben ein wesentlich teureres System in Form von Elektrobussen aufbauen müssen, dann wird schlicht und ergreifend nicht mehr genug Geld da sein, um, ich glaube festgelegt und beschlossen, 18 Millionen aus dem Stadthaushalt für die Unterstützung der Arena auszugeben, sondern dann müssen wir diesen Busbahnhof für das teure Geld erneuern.“, so Naumann.
Immerhin gelte es zu Bedenken, dass für den Busbahnhof die Stadt mit ihrem Haushalt direkter Träger wäre, wohingegen bei der Linie 6 die Stadt nur für die WSB bzw. die WVV bürgen müsste. Zuletzt wurden die Kosten für die neue Trasse auf knapp 200 Millionen Euro geschätzt worden. Da laut einem Gutachten der Nutzen der Straba-Linie die Kosten übertrifft, könnten wohl bis zu 85 Prozent vom Bund und vom Freistaat gefördert werden. Doch dafür müssen bis zum Jahresende erstmal die Förderanträge offiziell eingereicht werden. Sollte alles glatt gehen, könnte 2027 Baubeginn sein.
Und genau daran wollen die vier OB-Kandidaten festhalten. Judith Roth-Jörg von der CSU, Martin Heilig von den Grünen, Eva von Vietinghoff-Scheel von der SPD und die parteilose Claudia Stamm haben sich alle für den Bau der Linie 6 ausgesprochen. Bei dem ersten Aufeinandertreffen der vier Kandidierenden mussten sie sich auch kritischen Fragen aus dem Publikum stellen – unter anderem, ob die 200 Millionen Euro für den Bau noch steigen könnten. Oder, wie sie als Stadtspitze verhindern wollen, dass die Linie 6 nicht zum nächsten Mainfranken-Theater mit Sanierungsstau und explodierenden Kosten wird. Es sind noch einige Hürden zu nehmen. Klar ist aber: Die Straßenbahn bleibt ein zentrales Wahlkampfthema. Und die Würzburgerinnen und Würzburger werden genau hinschauen – denn nach jahrzehntelanger Diskussion soll es diesmal endlich eine Lösung geben.