Seit Jahren staut sich nicht nur Abwasser in den Bädern der Bewohnerinnen und Bewohner eines Grombühler Wohnblocks, sondern auch die Wut in deren Bäuchen. Mehrfach hatten die Betroffenen versucht, sich durch Unterschriften und Zurückbehaltungsankündigungen beim Vermieter Dawonia Gehör zu verschaffen. Zum ersten Mal wurden diese nun persönlich in der Würzburger Geschäftsstelle angenommen – ein Durchbruch?
Es ist ein seit Jahren schwelender Streit, der die Mieterinnen eines Wohnblocks im Würzburger Stadtteil Grombühl wieder einmal auf die Straße treibt – genauer gesagt vor die Geschäftsstelle ihres Vermieters Dawonia. Seit 2016 kämpfen die Betroffenen etwa mit Abwasserrückstaus und Überschwemmungen in ihren Wohnungen. Eine betroffene Mieterin berichtet, dass Handwerker bei einer Öffnung der Rohre massive Verkrustungen von Kalk und Urinstein entdeckt hätten.
„Wenn die Rohre in diesem Zustand in meinem Stock sind, vierten Stock, da kann ich mir vorstellen, da unten ist noch schlimmer. Ich weiß auch, dass im Sommer im August dieses Jahres bei meiner Nachbarin, die auch im vierten Stock wohnt, alles in der Küche verstopft war. Alles ist hochgegangen, auch und zuletzt am Mittwoch habe ich auch die Türpe (Kanalreinigung) gesehen, die im ersten Stock bei uns tätig war.“, so Ewa Wotzniak-Ostrowski, die seit 25 Jahren in ihrer Wohnung wohnt.
Doch Dawonia weist die Schuld den Mietparteien zu:
„Es ist nichts ungewöhnliches, dass sich in den Rohrleitungen älterer Häuser Ablagerungen bilden. Sie sind aber nur dann problematisch, wenn dadurch der Durchfluss verhindert wird. In einem solchen Fall werden sie ausgetauscht, was wir auch in dem von Ihnen angesprochenen Haus erledigen lassen. Das ändert nichts daran, dass 90 Prozent aller Störungen Folgen von Fehlverhalten der Nutzer:innen sind.[…] Seit 2017 haben wir im Übrigen rund 100.000 Euro in die Reparatur der Rohre investiert.“
Die Mietparteien bemängeln aber auch viele andere Punkte – viel zu oft würden Forderungen einfach ignoriert.
„Jetzt sind zurzeit Kellereinbrüche bei uns. Da habe ich den Herrn (Name unkenntlich gemacht) und den Herrn (Name unkenntlich gemacht) gesagt, dass die die Türklinken von außen abmachen sollen und Kuppeln dran. Es rührt sich gar nichts und ich habe wirklich die Faxen dicke. Ich bin so weit, dass ich selber ausziehen möchte mit meiner Tochter.“ so Edeltraut Graue.
Dawonia schreibt uns dazu:
„Anliegen der Mieter:innen werden umgehend nach Bekanntwerden bearbeitet.Als verantwortungsvoller Vermieter möchten wir unseren Mieter:innen ein lebenswertes Umfeld bieten […].“
Das Fass zum überlaufen gebracht, haben die Betriebskostenabrechnungen 2023, die in einigen Haushalten Nachforderungen von bis zu 1.000 Euro verursachen. Alleine die Kosten für die Tiefgarage hätten sich fast vervierfacht – dabei hätten dort im vergangenen Jahr unerträgliche Zustände geherrscht.
„Also längere Zeit waren die Tore offen, kaputt, waren die Brandschutztore zu, wo man mit Mühe irgendwie rausfahren konnte und reinfahren konnte nur mit einem Weg. Es war für jeden zugänglich, weil die Schlösser abgebaut wurden für die Ebenen, für die Bewohner und die Obdachlosen haben sich da einen Schlafplatz gemacht. Ich weiß von einem Auto, in das eingebrochen wurde. Da hat sich jemand einen Schlafplatz gemacht. Ein Kennzeichen wurde geklaut und die Tiefgarage wurde auch als öffentliche Toilette irgendwie benutzt.“, so Ewa Wotzniak-Ostrowsk empört.
Hinzu kommt: die Tiefgarage muss seit einigen Jahren von allen Mietparteien getragen werden, ob diese nun ein Fahrzeug besitzen oder nicht. Dazu Dawonia:
„Die Mieter:innen haben jedoch die Option ihren PKW-Stellplatz nach Rücksprache mit der Dawonia unterzuvermieten, wenn die selbst kein Fahrzeug besitzen.“
Zu den Nachzahlungen schreibt uns Dawonia außerdem:
„Der durchschnittliche Nachzahlungsbetrag liegt bei 479,58 Euro. Dieser Betrag liegt bundesweit im Durchschnitt und ist Folge von Preiserhöhungen von Versicherern, Dienstleistern, usw.“
Bei ihrem Protest am Freitag fordert die Mietergemeinschaft nun Belegeinsicht und hat dafür bereits über 45 Unterschriften gesammelt. Andernfalls wolle man die Nachzahlungen von rund 15 bis 20.000 Euro einbehalten. Zum ersten Mal wurden die Unterlagen dafür in der Geschäftsstelle auch persönlich entgegengenommen. Ein Durchbruch?
„Das ist eine gute Frage. Ich denke, auf jeden Fall erstmal ein starkes Zeichen. Ein Durchbruch? Das ist ein Prozess. Die Mieterinnen kämpfen schon seit über ein eineinhalb, zwei Jahren mittlerweile. Und du merkst das Dawonia mehr Respekt bekommt. Die Mietenr:innen sind stärker aufgestellt, auch mehr Mitglieder in der Gewerkschaft eins, zwei Prozesse sind schon durchlaufen worden und die wissen jetzt wie das funktioniert alles mit der Organisierung. Und ich glaube, es ist immer weiter sich Respekt zu erkämpfen. Und mit der Summe, die jetzt gerade zurückgehalten wird, ist es natürlich auch ein deutliches Zeichen.“, so David Full vom Verein „Mietergewerkschaft – Ortsgruppe Würzburg“.
Ob der letzte Protest tatsächlich ein Wendepunkt im jahrelangen Konflikt ist, bleibt abzuwarten. Fest steht: Die Situation in Grombühl ist exemplarisch für die Spannungen zwischen Mietern und großen Wohnungsunternehmen – ein Thema, das nicht nur in Würzburg Aufmerksamkeit verdient.