In einer Zeit, in der weltweit die Rechte queerer Menschen wieder eingeschränkt werden, bekommt Efrat Tilmas Geschichte besondere Bedeutung. Als trans Frau wurde sie in Israel verfolgt und verstoßen – heute kämpft sie dort für Akzeptanz und gleiche Rechte. In Würzburg stellte sie gemeinsam mit den Regisseuren ihren Film „The First Lady“ vor – – ein Abend, der berührt und daran erinnert, dass der Kampf um Akzeptanz und gleiche Rechte noch lange nicht vorbei ist.
Als trans Frau wurde sie verstoßen, verfolgt, aus Israel vertrieben. Und doch ist sie heute dort eine der wichtigsten Stimmen für Menschenrechte. Der Film „The First Lady“ – oder „I Am What I Am – Stolz eine Frau zu sein“, wie er auf Deutsch heißt – zeigt ihr leuchtendes Porträt, das zugleich ein Appell gegen Hass und Hetze ist. Mit dem Film ist Efrat Tilma aktuell gemeinsam mit den Regisseuren Udi Nir und Sagi Bornstein in mehreren deutschen Städten zu Gast – unter anderem in Würzburg.
„Es gibt so eine Art Rückschritt – nach Jahren, in denen wir dachten, es geht voran, alles wird besser und trans Personen können sicher auf der Straße unterwegs sein. Aber wir spüren jetzt wieder diesen Rückschritt – wie ich schon sagte, in Ländern wie Ungarn, in den USA und auch in Israel. Deshalb müssen wir weiterhin für unsere Rechte kämpfen. Und wir – also die queere oder schwule Community – wir verdanken der Trans-Community sehr viel. Sie hat uns geholfen, zu uns selbst zu finden. Genau deshalb war es uns wichtig, diesen Film zu machen: um dieser Community eine Stimme zu geben und zu zeigen, dass sie Teil unserer Gemeinschaft ist. Und dass wir nur gemeinsam stark sein können.“, schildert uns Regisseur Sagi Bornstein.
Der Film beginnt wie Efrats Geschichte in den 1960er-Jahren in Tel Aviv. Schon als Jugendliche spürt sie, dass sie im falschen Körper lebt – in einer Zeit ohne Worte und ohne Akzeptanz dafür. Sie wird verfolgt, misshandelt, mit dem Tod bedroht. Mit nur siebzehn Jahren flieht sie. In Marokko, Paris und Berlin findet Efrat Tilma schließlich die Freiheit, sie selbst zu sein.
„Ich wollte immer, immer, immer zurückkehren. Aber zuerst musste ich all meine Träume verwirklichen. Und in Israel – ich wusste, das wird dort nie passieren. Europa, eigentlich Deutschland, war dieses Land, das mir all diese Freiheit und diesen Durchbruch ermöglicht hat. Und ich habe all diese Träume erfüllt – und dann beschlossen: Jetzt ist die richtige Zeit, zurückzukehren. Ich bin mit einem Koffer zurückgekehrt – so wie ich Israel damals mit einem Koffer verlassen habe. Ich bin mit einem Koffer nach Israel zurückgekommen – mit dem Lied „Ich hab’ noch einen Koffer in Berlin.““, erinnert sich Efrat Tilma.
Zurück in Israel meldet sich Efrat freiwillig bei der Polizei – der Behörde, vor der sie einst geflohen war. Doch diesmal wird sie mit offenen Armen empfangen.
Ein Film der Polizei über sie zieht Aufmerksamkeit auf sich und bringt die Regisseure Udi Nir und Sagi Bornstein auf die Idee zu „The First Lady“.
„Als diese extremistische Regierung gewählt wurde, war sofort klar, dass sich unsere Geschichte völlig verändern würde. Denn auch Efrats Leben verändert sich – und mit ihm das Leben von uns allen. Als diese Regierung vereidigt wurde, war das Erste, was sie tat, die LGBT-Community anzugreifen. Und natürlich kennen wir den Rest dieser schrecklichen Entwicklung. Es war also klar, dass unsere Geschichte – dass der Film – eine dunklere Wendung nehmen würde. Aber neben diesem aktuellen, politischen Aspekt glaube ich, dass das, was mit der Regierung passiert ist – und die Angst, die das in Efrat ausgelöst hat – uns irgendwie auch nähergebracht hat. Ich denke, wir alle spüren ein Stück weit, dass wir unter Druck stehen – und dass wir nur gemeinsam stark bleiben können.“, erzählt uns Regisseur Udi Nir.
Heute ist Efrat Tilma Aktivistin, Aufklärerin, Symbolfigur der israelischen LGBTQ-Bewegung – und vor allem eine Stimme für trans Personen.
„Wir haben unheimlich viele Selbstmordfälle. Die Rate liegt bei 42 Prozent – das ist sehr, sehr hoch und wir müssen etwas dagegen tun. Das muss aufhören. Meine beste Freundin hat Selbstmord begangen – das sieht man auch im Film und in meinem Buch. Und eigentlich mache ich all das hier in Erinnerung an sie. Sie sollte so etwas wie ein Symbol sein.“, so Efrat Tilma.
Ein Abend, der bewegt und nachwirkt – nicht nur in Würzburg. Denn „The First Lady“ ist mehr als ein Film. Er ist ein Aufruf – gegen Hass, gegen Angst und für den Mut, man selbst zu sein.