In Franken werden 21.000 Hektar Zuckerrüben angebaut, 12.000 davon in Unterfranken. Die größte Fläche weist der Landkreis Würzburg auf. Die Zuckerrübe ist anspruchsvoll und verlangt einen guten und gelockerten Boden. In unseren Gefilden ist sie die zuckerreichste Pflanze. Die Kulturpflanze wird im Frankenland von 3.000 Zuckerrübenbauern angebaut. Die Rübenanbauer sind im Verband Fränkischer Zuckerrübenbauer organisiert – er ist einer von sieben Landesverbänden, die Zuckerüben für die Zuckerfabrik in Ochsenfurt anbauen. Von Mitte September bis Mitte November wird die Herbstkultur geerntet – in einem Jahr mit normaler Witterung sind das bis zu 2 Millionen Tonnen Rüben. Das Geschäft mit Zuckerrüben ist im ländlichen Raum ein starker Wirtschaftsfaktor.
Mittlerweile hat sich vieles geändert, die Arbeit wurde mechanisiert, den Großteil erledigen Maschinen. Die Ernte beginnt mit dem Einsatz des Rübenroders. Dieser hat vorne ein sogenanntes Rodeaggregat. Damit können sechs Reihen gleichzeitig geerntet werden. Dabei werden die Blätter von den Rüben entfernt, klein gehäckselt und auf dem Acker verteilt. Mit der Rodenschare werden die Rüben aus der Erde gehoben. Danach kommt dann ein Reinigungslader, die sogenannte Maus ins Spiel. Sie fährt in die lange, aufgehäufte Reihe und nimmt die Zuckerrüben auf. Damit möglichst viel der wertvollen Erde auf dem Acker bleibt, werden die Rüben vorgereinigt, über ein Bandsystem nach oben transportiert und auf einen LKW verladen. Bis dieser voll ist, dauert es gerade einmal 5 Minuten. Jeder LKW ist mit einen Transponder ausgestattet, so kann jederzeit die gesamte Historie der jeweiligen Rüben nachvollzogen werden. Das Ziel des LKW ist die Zuckerfabrik in Ochsenfurt im Landkreis Würzburg. Während der Ernte- und Verarbeitungsperiode, bei Zuckerrüben Kampagne genannt, kommt im Zweiminutentakt ein neuer Rübentransporter an den Werkstoren an.
Für die Zuckerfabrik ist nicht nur die Menge an Rüben entscheidend, sondern auch was in ihnen steckt. Eine Knolle besteht bis zu 70 Prozent aus Wasser und beinhaltet, je nach Jahr, circa 18 Prozent Zucker. Nach diesem Zuckergehalt wird der Landwirt bezahlt. Der Rübenpreis wird erst im Nachhinein festgelegt – in Abhängigkeit vom Zuckererlös. Während der Rübenkampagne von September bis Januar arbeitet die Fabrik ohne Unterbrechung im 24-Stunden-Betrieb. Pro Tag werden mehrere Tausend Tonnen Rüben angeliefert und direkt verarbeitet. Mehr als die Hälfte der Rüben wachsen im Umkreis von 50 Kilometern um die Fabrik. Damit jeder der 3.000 Zuckerrübenbauern weiß, wann er zu liefern hat, gibt es einen festgelegten Plan und eine rotierende Reihenfolge. Nach der Probeentnahme fährt der LKW weiter zur Entladung und kippt die Masse an Knollen ab. Hier werden die Steine und die Erdklumpen, die sich noch an den Rüben befinden quasi weg geschätzt und vom Gesamtgewicht abgezogen – denn die Zuckerfabrik zahlt nur für die Rüben und nicht für die gesamte Ladung. Über das Rübenband gelangen die braunweißen Knollen in das Innere der Fabrik. Nachdem sie gewaschen sind, werden die Zuckerrüben zu Schnitzeln zerkleinert und kommen in den sogenannten Extraktionsturm. 15.000 Tonnen Rüben werden täglich durch die beiden Extraktionstürme geschleust. In 68 Grad heißem Wasser löst sich der Zucker aus den Rübenzellen. Dabei entsteht eine 15-prozentige Zuckerlösung.
Der Dicksaft wird „gekocht“, bis sich Kristalle bilden. Sie leuchten goldgelb, weil sie mit Sirup überzogen sind. Durch das Schleudern in Zentrifugen trennt sich der Sirup von den Kristallen. Die letzten Sirupreste werden mit heißem Wasser weggespült. Was dann zurückbleibt, sind die glasklaren Zuckerkristalle. Weitere Kristallisationsschritte folgen. Durch Auflösen des dabei gewonnenen Zuckers entsteht die Raffinade: Zucker von höchster Reinheit. Nun wird der fertige Zucker getrocknet, gekühlt und im Silo eingelagert und ist bereit für den Verkauf oder die weitere Verarbeitung. Die jährliche Produktion des Ochsenfurter Werkes reicht aus, um den Bedarf von etwa 5 Millionen Verbrauchern zu decken. Der größte Teil des Zuckers wird von der Lebensmittelindustrie weiterverarbeitet. Der Zuckerrübenanbau in Deutschland hat Tradition. Seit über 200 Jahren wird aus Rüben Zucker gewonnen. In der Ochsenfurter Zuckerfabrik hat die erste Rübenkampagne im November 1952 begonnen, rund 100.000 Tonnen Rüben wurden damals verarbeitet. Inzwischen sind es bis zu zwei Millionen Tonnen pro Kampagne. Die Zuckergewinnung ist ein relativ energieintensiver Prozess.
Nicht nur die Energieversorgung der Zuckerfabrik, sondern auch der Nachschub an Zuckerrüben sei gesichert. Und das obwohl die Wetterbedingungen für die Kulturpflanze in diesem Jahr alles andere als ideal waren. Laut dem Verband Fränkischer Zuckerrübenbauer sei es die schlechteste Ernte seit über 40 Jahren gewesen. Der Regen kam vier Wochen zu spät, die Hitze und die langanhaltende Trockenheit hat der Zuckerrübe stark zugesetzt. Normalerweise wiegt eine Knolle ein Kilogramm, in diesem Jahr nicht einmal 700 Gramm – das entspricht nur zweidrittel vom normalen Ertrag. Auch die Kampagne in der Zuckerfabrik wird sich aufgrund des geringeren Rübenertrags verkürzen. Die Landwirte werden in diesem Jahr also gute Rübenpreise erzielen. Die genaue Höhe steht aktuell noch nicht fest. Die Preise werden aber deutlich über denen der Vorjahre liegen. Das brauchen sie aber auch, um die geringeren Erträge in diesem Jahr kompensieren zu können.