Früher wurde im Bundestag heftig gestritten – doch am Ende stand oft ein Kompromiss. Heute wirkt es, als ginge es mehr um persönliche Angriffe als um Lösungen. Genau darüber haben wir mit dem Unterfranken Alexander Hoffmann, dem Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe im Bundestag gesprochen.
Bei Union und SPD war in den vergangenen Monaten von Teamgeist wenig zu spüren. Statt Teamgeist dominierten lautstarke Auseinandersetzungen. Früher, so das Bild vieler, wurde im Bundestag zwar auch heftig gestritten – aber am Ende fand man Kompromisse. Heute wirkt es, als ginge es oft nur noch um persönliche Angriffe.
„Ich teile den Eindruck, will aber dazu sagen Das ist, glaube ich, eine Herausforderung, die wir in allen Bereichen haben. Das ist nicht nur eine Herausforderung der politischen Debatte, sondern das ist, glaube ich, eine Herausforderung der mittlerweile zunehmend digitalisierten Diskussion, wie wir sie führen. Ich erlebe auch im privaten Umfeld Menschen, die zunehmend auch im Digitalen, egal auf irgendwelchen Plattformen auch schneller mal angegangen werden. Wir haben das auch bei ehrenamtlichen Politikern, bei Gemeinderäten, bei Leuten, die sich ehrenamtlich engagieren, stellen wir fest, dass natürlich in der digitalen Welt schnell mal was Aggressives rausgehauen wird, was man sich im persönlichen Begegnen gar nicht in die Augen sagen würde.“, so Alexander Hoffmann, Vorsitzender der CSU im Bundestag.
Auch Hoffmann teilt die Auffassung, dass es zu Zeiten von Wehner und Strauß durchaus auch zur
Sache ging – danach habe man aber immer auch zusammen ein Bier getrunken und gemeinsam Politik gemacht. Das wünscht sich auch Hoffmann zurück – ein Frankenwein ginge schließlich auch, sagt er augenzwinkernd. Bei ihrer Klausurtagung in Würzburg haben die Fraktionsspitzen nun die Mission Teambuilding gestartet. Symbolträchtig zogen CDU-Mann Jens Spahn, CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann und SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch gemeinsam über die Alte Mainbrücke. Ein Bild, das Vertrauen, Geschlossenheit und Aufbruch signalisieren sollte. Man könnte sagen: der Friede von Würzburg – zumindest wohl vorerst.
„Wenn es übertrieben wird, wenn die Menschen das Gefühl haben, der Streit ist ein System und man will überhaupt keine Lösung herbeiführen, dann wenden sich Menschen zunehmend von der Politik ab, weil sie sagen Ihr redet nur, ihr streitet nur, aber es gibt keine Lösungen. Und deswegen, glaube ich, muss es ein ausgewogenes Verhältnis sein. Die Menschen müssen spüren, dass jeder auch seine Argumente bringt und auch alles versucht, seine Position weitestmöglich erfüllt zu bekommen. Aber am Ende muss man dann schon auch schauen, welche Verantwortung hat man tatsächlich auch für unser Land?“, so Hoffmann.
Im Beschlusspapier der Tagung steht nun ein „Herbst der Reformen“: Wehrdienstgesetz, Gastrosteuer, Bürgergeld und Tariftreuegesetz – vor allem Konsensthemen. Man könnte kritisch sagen, es wurden sechs Seiten Einigkeit aufs Papier gebracht. Doch die wirklich schwierigen Fragen, etwa zur Rente oder zum Sozialstaat, die gilt es noch zu ausgiebig zu diskutieren. Ob der neue Geist wirklich trägt, wird sich also erst noch zeigen. Und auch die Opposition gilt es dann wohl zu einem Kompromiss zu überzeugen.
„Den Willen zum Kompromiss, den muss es schon in der Koalition geben. Trotzdem stelle ich fest, dass natürlich in der Bevölkerung der Kompromiss immer schlechter wegkommt. Gleichzeitig haben wir natürlich ein politisches System, das auf den Kompromiss angelegt ist. Unsere Erfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg haben ja die Väter des Grundgesetzes dazu veranlasst, eine Architektur zu wählen, die dazu führt, dass wir Mehrheiten parteiübergreifend brauchen. Und deswegen muss es auch mit der Opposition gehen, sofern sie allerdings verfassungsrechtlich auch auf sauberem Boden steht.“, so Alexander Hoffmann weiter.
Deutschland voranbringen – das wollen Union und SPD nun ausdrücklich gemeinsam. Ob aus Harmonie am Main tatsächlich Handlungsfähigkeit in Berlin wird, entscheidet sich im politischen Alltag nach der Sommerpause.