Die Verhaftung von 25 vermutlichen Mitgliedern bei einer Razzia in der Reichsbürger-Szene hat breite Wellen geschlagen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder kündigt im Interview hartes Vorgehen gegen Beteiligte an. Das ist über die beiden Reichsbürger mit Bezug zu Unterfranken bekannt.
Unter den 25 mutmaßlichen Mitgliedern und Unterstützern einer terroristischen Vereinigung befinden sich auch sechs Personen aus Bayern. Zwei von ihnen haben einen Bezug zu Unterfranken. Harald P. aus dem Landkreis Schweinfurt ist einer von ihnen. Ihm wirft der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof vor, in die Rekrutierung neuer Mitglieder, die Beschaffung von Waffen und anderen Ausrüstungsgegenständen, den Aufbau einer abhörsicheren Kommunikations- und IT-Struktur sowie die Durchführung von Schießübungen eingebunden zu sein. Auch bei der Planung zur Unterbringung sogenannter Heimatschutzkompanien soll er geholfen haben.
Die Heimatschutzkompanien sind der Teil der Terror-Gruppierung, der für die gewaltsame Machtübernahme der deutschen Regierung zuständig sein sollte. Die Mitglieder seien bereit gewesen, dieses Vorhaben durch den Einsatz militärischer Mittel zu verwirklichen. „Der Vereinigung ist zwar bewusst, dass es dabei auch zu Toten kommen wird. Sie nimmt dieses Szenario aber als notwendigen Zwischenschritt zur Erreichung des von ihr angestrebten ‚Systemwechsels auf allen Ebenen‘ zumindest billigend in Kauf.“, heißt es von Seiten des Generalbundesanwalt.
Medienberichten zufolge soll es sich bei Harald P. aus dem Landkreis Schweinfurt um einen ehemaligen Bundeswehrsoldaten handeln. Er soll bereits vor einigen Monaten im Visier der Ermittler gewesen sein, als mehrere Personen im Zusammenhang mit der geplanten Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach festgenommen worden sind.
Ende April 2022 übernahm die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen in diesem Fall. Vier Verdächtige, die einer anderen terroristischen Vereinigung zugeordnet werden, wurden damals verdächtigt, Karl Lauterbach gewaltsam entführen zu wollen. Gegebenenfalls sollten dafür die Personenschützer des Bundesgesundheitsministers getötet werden.
Eine weitere Spur führte die Ermittler Medienberichten zufolge nach Ostheim vor der Rhön im Landkreis Rhön-Grabfeld. Hier sollen sie auf das Postfach von Peter W. aufmerksam geworden sein. Peter W., der bei der Razzia am Mittwoch in einem Haus im Landkreis Bayreuth festgenommen worden sein soll, sei als Fallschirmjäger bei der Bundeswehr gewesen. Bereits im April sollen Beamte seine Wohnung durchsucht haben und dabei auf Schusswaffen, Munition, eine Handgranatenattrappe und auf Kontakte zu ehemaligen Soldaten des Kommandos Spezialkräfte gestoßen sein.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder beteuerte am Mittwoch, dass der Freistaat Bayern „sehr, sehr hart“ gegen Mitglieder solcher Terror-Vereinigungen vorgehe. „Es sind letztlich fehlgeleitete Menschen“, erklärt er im BR-Politikmagazin Kontrovers. Auch in bayerischen Sicherheitsbehörden wurden Angehörige des Reichsbürger-Milieus festgestellt. Hierzu erklärt Söder, dass Personen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis nicht mehr länger für den Staat im Einsatz sein dürfen und sogar Pensionen verlieren, wenn nachgewiesen werden kann, dass sie Teil der Reichsbürger-Szene sind.
Der Verfassungsschutz geht derzeit von rund 21.000 Mitgliedern der Reichsbürger-Szene in ganz Deutschland aus. Von ihnen gingen im Jahr 2021 insgesamt 1.011 Straftaten aus. Wie eine Statistik der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus zeigt, scheint die Gewaltbereitschaft unter den Reichsbürgern in den letzten Jahren zu steigen.
Der Generalbundesanwalt wirft der Terror-Gruppierung vor, Pläne für einen gewaltsamen Umsturz der deutschen Staatsregierung gehegt zu haben. Die von Verschwörungstheorien geprägten Mitglieder sollen aus der Reichsbürger- und QAnon-Szene stammen. Nach den bisherigen Ermittlungen besteht der Verdacht, dass einzelne Mitglieder der Vereinigung bereits konkrete Vorbereitungen getroffen haben, um mit einer kleinen bewaffneten Gruppe gewaltsam in den Deutschen Bundestag einzudringen. Nach dem Sturz der Bundesregierung habe die Terror-Gruppierung geplant, eine eigene Staatsform umzusetzen, die in den Grundzügen bereits ausgearbeitet sei.